The Crazy Things We Do (aus Liebe)Artistin

Musikarbeiter unterwegs in den Dschungel Kritzendorf mit Ernst Molden

Der Wiener Musiker Ernst Molden bringt dieser Tage ein neues Album heraus. „“Bubenlieder““, 14 wunderbare Lieder und als Zugabe ein kleiner Film.Es ist Ende Juni, einer der schönsten Tage des Sommers. Mein bester Freund, der Autor und Musiker Ernst Molden, und ich sitzen im Zug. „Wir fahren heute weiter als Heiligenstadt, wir wollen bis Nussdorf, wenn das reicht“, heißt es in einem seiner neuen Lieder. Ziel: Kritzendorf. Nicht um uns im dortigen Strombad dem süßen Leben, der Untätigkeit des „Badengehens“ hinzugeben, sondern um zu arbeiten. Zu Ernsts neuem Album entsteht ein kurzer Film, der der CD als DVD beigelegt sein wird und einige Lieder in ihrer natürlichen Umgebung gespielt zeigt. Viele sind schließlich in Kritzendorf entsprungen, auf der akustischen Gitarre, auf dem Decken-Lager, umgeben von den drei Kindern und Frau Veronika. Gespielt, bis der Fluss „“ja““ gesagt hat.

Auf den Fluss wollen sich Ernst und sein Agent, der rührige Charlie Bader, nicht verlassen. So ist es meine Aufgabe, die Performances meines Freundes aufmerksam zu hören. „Schwarz, schwarz, schwarz brüllt der Wienerwald“ geht das Lied weiter, aber wir hören ihn nicht, wir unterhalten uns. Ernst lässt sein bisheriges Jahr Revue passieren. Mit Band, seinem langjährigen Drummer Heinz Kittner und Bassist Stephan Stanzel, besorgte er bei der Burgtheater-Produktion „Weniger Notfälle“ die Musik“  und ausgewählte Sätze. Theater ist ihm vertraut, -er arbeitete als Dramaturg am Wiener Schauspielhaus. Für den Musiker ist das regelmäßige Spielen und der geregelte „Knödel“ eine neue Erfahrung, sind doch sonst verstreute Gigs, bei denen Agent Bader kämpfen muss, dass ein Hunderter für die Musiker bleibt, der Alltag. Die Theatersache schweißt die Molden-Band zu einer tight-groovenden, beseelten Musikmaschine zusammen, was das Album „“Bubenlieder““ in der grandiosen Produktion des Münchner Musikers Kalle Laar hörbar macht.

Der wirtschaftliche Druck ließ den Familienvater Molden so nachhaltig in Ruhe, dass er ein paar ausgedehnte Extrarunden mit seiner Muse drehen konnte. Zuletzt kam Sängerin Sibylle Kefer dazu, die eine weitere Dimension eröffnet. Das macht „“Bubenlieder“ zum rundesten, zwingendsten seiner Alben. „Nimm mich Schwester“ (2003) und „Haus des Meeres“ (2005) heißen die vorherigen, für sich lohnenden Entdeckungen, gleichzeitig jeweils notwendige, weiterführende Schritte für den Musiker, Sänger und Songwriter Ernst Molden. Er äußert Zufriedenheit darüber, dass sein Werk, seine CDs und Bücher, in ausgewählten Läden erhältlich sind. Gekauft werden, in überschaubaren Mengen, aber beständig. So dass Weitermachen möglich ist und Sinn macht.

Kennen gelernt haben wir uns 2002, bei einer Lesung im Gürtel-Musiklokal Chelsea. Ernst rückte mit Amp, Gitarre und seinen Büchern an. Was er draus zauberte, war lässig, ein jetziger, freier Blues, stimmig vermischt mit unpackbaren Geschichten. Es wurde getrunken, Ernst schenkte mir sein Buch „Austreiben“, einen Vampirroman. In zwei Tagen verschlungen. Im Buch hatte er Fotos von Frau und Kind vergessen, also ein Anruf und das erste Mal bei Moldens zuhause. Da fingen wir an, uns nahe zu kommen, bis zu einer Freundschaft, die über alles reden und schweigen kann und das auch wirklich tut. In der Musik eine große Rolle spielt, auch die gemeinsame, in der sich diese Musik immer wieder mit unseren Leben, die in diesen 4 Jahren ganz Superes und furchtbar Beschissenes zu bieten hatten, vermischt.

Culex Pipiens

Am Weg vom Bahnhof zum Strombad stellt sie sich unweigerlich ein, die gemeine Stechmücke. Noch in überschaubaren Mengen, mit fast lächerlich wenig Aufwand abzuwehren. Wir schlagen uns flussabwärts in die Wildnis, Ernst kennt den Weg.

Irgendwo dort in der Wildnis hat Regisseur Jürgen Moors mit seinem Team schon aufgebaut, zwei Kameraleute, Alex und Evi, Tonmann Sebastian und ein Helfer, dessen Namen mir entfallen ist. Die ganze Technik in dieser Umgebung wirkt grotesk. Ernst setzt sich auf einen Baumstamm, spielt sich ein, Gitarre, Mundharmonika, singt, Kameraeinstellungen werden verhandelt. Der Sound im Kopfhörer ist wunderbar, von weitem hört man einen Zug und, ich schwöre, das Fluggeräusch der Culex Pipiens, die uns wissen lässt: Wir sind Legion und ihr Wahnsinnigen willkommene Beute. Da hilft das ganze Autan und auch härtere Kaliber gar nichts, -wir stinken wie die Iltisse, die Natur macht trotzdem Stich um Stich. Die ersten Takes. Selten war ich so froh, dass Ernst Molden so ein verdammt guter Gitarrist ist (auf der akustischen und der E-Gitarre) und so tief drinnen, diesen Sommer, in seinen Liedern. Nach knapp einer Stunde ist mein Job erledigt, zwei hervorragende Versionen im Kasten. Ich verlasse die Wildnis, die anderen haben noch einen langen Drehtag vor sich. Als ich am nächsten Tag mit Ernst telefoniere, erzählt er: „Gegen Schluss filmt mich Alex von unten und ich zähle auf seinem Rücken sagenhafte 17 Mücken, die gleichzeitig zustechen.“

Ernst Molden „Bubenlieder“ (Monkey/Universal)

Ernst Molden & Band stellen „Bubenlieder“ am 7. 11. live im Radiokulturhaus vor.

www.myspace.com/ernstmoldenband

www.medienmanufaktur.com

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