Theorie und konkretes TunAugustiner:in

Foto: © Carolina Frank

Augustinerin: Emőke Gondos

Ich komme aus einem Dorf in Transsylvanien in Rumänien, wo meine Eltern immer noch leben. Meine Muttersprache ist jedoch Ungarisch. Zum Studieren ging ich nach Klausenburg, also Cluj-Napoca. Ich machte Bachelor und Master in Cultural Studies, wollte mich aber mehr mit Soziologie befassen und es einmal in einem anderen Land versuchen. Es gibt ein Programm der Central European University in Wien, wo ich mich für einen Master-Studiengang in Soziologie und Sozialanthropologie bewarb, geplant war, danach wieder nach Rumänien zu gehen oder weiterzustudieren und das Doktorat zu machen. Aber es war ein sehr intensives Jahr, und ich hatte das Gefühl, eine Pause von der akademischen Welt zu brauchen. Interessiert hat mich Soziale Arbeit und Aktivismus. In der Theorie hatte ich viel über soziale Gerechtigkeit und Ungleichheit gelernt, aber ich wollte auch konkret etwas dagegen tun.
Nach dem Studienabschluss suchte ich Arbeit. Ich bewarb mich immer wieder und bekam nur Absagen. Also habe ich kleinere Jobs angenommen. Im Moment habe ich mehrere Jobs gleichzeitig. Den ­Augustin kannte ich natürlich von der Straße. Ich begann als Freiwillige zwei Stunden in der Woche bei der Zeitungsausgabe auszuhelfen. Auf Instagram sah ich die Ausschreibung für eine Stelle in der Sozialen Arbeit beim Augustin, ich bewarb mich, und jetzt arbeite ich hier im sogenannten Vertrieb.
Also, ich hatte nicht erwartet, Wien so sehr zu lieben. Im Vergleich zu Cluj ist es eine viel lebenswertere Stadt. Im öffentlichen Raum ist nicht ­jeder Quadratmeter privatisiert oder kommerzialisiert. Auch die soziale Sicherheit ist größer hier. Hier gibt es zumindest Unterstützung für ­unterprivilegierte Menschen. Das ist auch ein Bereich, mit dem ich bei meinem anderen Job in Berührung komme – sezonieri (www.sezonieri.at), wo wir mit Saisonarbeitskräften in der Landwirtschaft arbeiten und uns u. a. für die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen einsetzen.
Ehrenamtlich mache ich bei új szem mit, ein linkes, ungarischsprachiges Online-Kulturmagazin mit Essays, Reviews, Literatur, sozialer Kritik (www.ujszem.org). Ich bin sehr interessiert an Kunst und Musik. Vor Kurzem habe ich angefangen DJing zu lernen. Sonst mag ich Schwimmen in der Donau, Radfahren auf der Donauinsel und in der Stadt. Es ist neu für mich, in einer Stadt zu leben, in der man tatsächlich mit dem Rad fahren kann.