Musikarbeiter unterwegs wohlgemut zur Szene Wien
Wir treffen uns in einem Kaffee beim Westbahnhof, recommended by Lage und Räumlichkeit, wo „leider!“ mittlerweile der früher fast unverhohlene Urgrant des Personals einer leicht schmierigen Dienstleistungsbeflissenheit gewichen ist. Nach einer angemessenen Stärkung reiten wir die U3. Kunst und Kultur sind sowieso am besten (mindestens) zu zweit genossen und so vergeht die Fahrt bis zur Zippererstraße im Gespräch fast wie im Flug. Überhaupt: Entgegen vermeintlichem common knowledge ist der Weg in die Szene Wien gar nicht so weit.Die Hauffgasse hinauf, mit dem Fußweg zur Arena eine jener Strecken, die von vielen Menschen immer wieder erwartungsfroh absolviert werden, on the way zu einer der etwa 120 bis 140 Veranstaltungen, die hier jährlich stattfinden. Wir fragen uns noch, was über den Kollegen von der Lachszeitung (aka Der Standard) gekommen sein mag, der unlängst die Szene Wien mit einem wenig schmeichelhaften Vokabel bedacht hat und sind auch schon bei der Nummer 26.
Vorbei an der unbesetzten Kassa, wo sonst meist die best dressed Kassainstitution der Stadt, Peter Szely, ihren Dienst versieht, durchs Foyer und Beisl lassen wir zuerst den Saal und dann ein weiteres Prunkstück der Szene, den Garten rechts liegen (empfiehlt sich auch für FPÖ und BZÖ: rechts liegen lassen), bevor wir im ersten Stock und damit im Büro ankommen. Kollege Glattauer hat sein Urteil mittlerweile revidiert, lässt uns Gina Salis-Soglio später wissen. Bei ihr laufen nach der Pensionierung von Norbert Ehrlich die Fäden des Veranstaltungszentrums zusammen. „Chefin“ ist ein Wort, dass sie nicht (ge-)braucht, zumal eine der großen Stärken des Hauses das Team ist, das seinen Betrieb entspannt, aber allzeit beherzt gewährleistet. Neben Gina gehören zu diesem Team Christine Flamond, die allzeit rührige Promotiondame, Bühnenmanager Michael Tichlar, seit den Anfängen der Szene 1983 (!!!) hier tätig, Siegi Köhlmeier, der vom Herd der Beisl-Küche an den Booking- und Administrations-Schreibtisch wechselte und nicht zuletzt Raphael Zimmermann, der nicht selten unrasierte Herr über der tontechnischen Kommandobrücke unter dem Dach. Ergänzt von diversen freien Mitarbeitern ist dieser Kern in fixen Diensten der Wiener Stadthalle-Kiba Betriebs- und Veranstaltungsgesellschaft, was gerade im Veranstaltungsbereich mittlerweile Seltenheitscharakter hat – da rulen die oft selbstausbeuterischen falschen Einzelunternehmer. Professionalität ist dieser Mannschaft Selbstverständlichkeit, die ihr aber nicht zum unbeteiligten Abwicklungsbetrieb verkommt. Gleichzeitig ist immer eine sympathische Haltung zu spüren, die sich etwa dann manifestiert, wenn Reggaemusiker ihren jamaikanischen Machismo raushängen lassen – mit Frauen arbeiten wir nicht – und von den Dienst habenden Frauen dann höflich, aber bestimmt darauf hingewiesen werden, dass dann auch Gage und Catering flachfallen …
Dont call it Weltmusik und der Mut zum Daneben
Das früher als Pornokino und Lager genutzte Objekt hat sich ganz schön gemausert. 1983 mietete die Stadthalle das vorher von den Wiener Festwochen genutzte Haus mit Peripherie. Der Auftrag der Szene Wien ist dabei so beschrieben: „Die „Szene Wien“ soll für moderne Kunstformen, insbesondere auf musikalischem Gebiet, eine Heimstätte sein.“ Ausgestattet mit einem Jahresbudget von der Stadthalle – ja, diese Budgets waren schon üppiger – findet die Szene Wien immer wieder ihren Platz. Im klassischen Indie- und Rock/Pop-Bereich in einem Umfeld, wo Gürtellokale wie B72 oder Chelsea kompakter, „szeniger“ sein mögen und andererseits Häuser wie Arena, Planet Music oder WUK, dank etwas größerer Publikumskapazität, andere Gagen bezahlen können. Nach und nach kristallisiert sich parallel dazu eine gewachsene Kompetenz auf dem Gebiet der so genannten „Weltmusik“ heraus. Gina Salis-Soglio: „Man merkt da ein gesteigertes Interesse, auch seitens FM4, man darf es halt nur nicht „Weltmusik“ nennen.“ Noch finden Sensationen wie Konono No. 1 aus dem Kongo zwar vor handverlesenem Publikum statt, aber auch das passt ins Selbstverständnis: Quote ist nicht alles. Damit korrespondiert auch der Ansatz des Festivals Daneben, das heuer zum zweiten Mal stattfindet. Quasi das Baby von Köhlmeier (als Bassist von Kill The Dead selbst Musiker) bietet es an drei Tagen Acts, die sich bewusst gängigen Pop/Rock-Konventionen verweigern und damit leider auch in der medialen und Publikumsrezeption tendenziell eher durchfallen. Ohne großen theoretischen Überbau anzuhäufen will Siegi diesen Musikerinnen die Möglichkeit geben, in einem guten Umfeld zu spielen – und den interessierten Zuschauerinnen die eine oder andere Entdeckung bescheren. Also: Let`s Daneben!
DANEBEN 2. kleines Festival abseitiger Musik aus Österreich
Do., 15.6.06 Tumido & Stefan Rois / Manfred Hofer solo / Thalija
Fr., 16.6.06 Kmet / Mann über Bord! / Kreisky
Sa., 17.6.06 Your Ten Mofo / Urban Movements / Nifty`s
www.szenewien.com