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Still ist es geworden rund um die Mindestsicherung und Sozialhilfe. Die Stille trügt. Für Kinder, Familien, Kranke und Menschen mit Beeinträchtigungen wächst alles zu einem immer lauter werdenden Dröhnen an. Eine gerade veröffentlichte Studie der Statistik Austria gibt ein realistisches Bild über Lebensbedingungen von Mindestsicherungsbezieher_innen. Ein Bild, wie es wirklich ist, fern der Propaganda und der verachtenden Lügen, die verbreitet wurden, um die Abschaffung der Mindestsicherung durchzusetzen. Die Daten stammen aus der großen Erhebung zu Lebensbedingungen von Privathaushalten. Was an den Ergebnissen auffällt: 1. Viele Bezieher_innen der Mindestsicherung weisen gesundheitlichen Einschränkungen, chronische Krankheiten oder eine Behinderung auf. 2. Starke negative Effekte bei der Wohnsituation 3. Massive Auswirkungen auf Gesundheit, Chancen und Teilhabe bei Kindern 4. Viele Familien mit Kindern sind arm trotz Arbeit. Wichtig zu wissen: Alle Zahlen sind vor den geplanten Kürzungen der Sozialhilfe erhoben worden.
29 Prozent der Mindestsicherungsbezieher_innen weisen einen sehr schlechten Gesundheitszustand auf, 25 Prozent sind stark beeinträchtigt durch eine Behinderung. Leute mit Mindestsicherung haben eine hohe Wohnkostenbelastung und leben unter desolaten Wohnbedingungen. Sie sind von ihren Wohnkosten deutlich stärker belastet als der Rest der Bevölkerung. Gleichzeitig können 15 Prozent der Mindestsicherungsbezieher_innen ihre Wohnung nicht heizen. Das ist siebenmal öfters als bei Haushalten ohne Mindestsicherung. Und: Sie wohnen in viel kleineren und schlechteren Wohnungen. Während die durchschnittliche Wohngröße in Österreich bei 90 Quadratmetern liegt, ist sie bei Mindestsicherungsbezieher_innen mit 58 Quadratmetern deutlich kleiner. Haushalte mit Kindern ohne Mindestsicherungsbezug leben durchschnittlich auf 108 Quadratmetern, jene mit Mindestsicherungsbezug dagegen auf 68. Die Wohnungen sind nicht nur kleiner, sondern auch von schlechterer Qualität, wie die Erhebung zeigt. 25 Prozent geben an, dass in ihren Wohnungen Feuchtigkeit, Fäulnis oder Undichtheit vorhanden ist.
Desolates Wohnen wirkt sich besonders hemmend auf Zukunftschancen und die Gesundheit der Kinder aus: 27 Prozent der Kinder müssen in feuchten Wohnungen leben, 58 Prozent der Wohnungen sind überbelegt, 17 Prozent leben in dunklen Räumen. Kinder und Jugendliche, die in Haushalten mit niedrigem Einkommen aufwachsen, haben Nachteile, die in mehreren Bereichen sichtbar werden. Die Gefahr des sozialen Ausschlusses zeigt sich in den geringeren Möglichkeiten, Freund_innen einzuladen, Feste zu feiern und an kostenpflichtigen Schulaktivitäten teilzunehmen. Kinder in der Mindestsicherung können 22-mal weniger an Sport- und Freizeitaktivitäten teilnehmen, 4-mal weniger Feste feiern, 10-mal weniger Einladungen an Freund_innen stellen, 19-mal weniger an Schulaktivitäten teilnehmen.
Dabei haben mehr als die Hälfte der Familien mit Kindern (57 Prozent) Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Das weist auf Working Poor und prekäre Arbeit hin. Working Poor ist das große verschwiegene Thema hinter der Debatte um die Mindestsicherung.
Noch einmal: Alle Zahlen wurden vor der gekürzten Sozialhilfe und den Einschnitten bei Kindern erhoben. Wie wird das erst werden, wenn die Verschlechterungen in der Sozialhilfe umgesetzt sind? Es gibt sicher einige, die das so wollen. Ich glaube aber auch, dass vielen nicht klar ist, was sie da anrichten mit ihrer Zustimmung. Die Stille ist trügerisch. Eine Totenstille. Das Dröhnen aber wächst an.