Tourismus im Wohnhaustun & lassen

Airbnb verknappt den Wohnraum – und macht ihn teuer

Mit der Vermietung privater Wohnungen als Unterkünfte für Reisende ist Airbnb zu einem wichtigen Player im Städte-Tourismus geworden. Dabei geraten Wohnungsmärkte zunehmend unter Druck, berichtet Lisa Puchner.

Fernab von teuren Hotels oder Schlafsälen in Hostels, in einer privaten Wohnung untergebracht, persönlicher, lokal und bequem: Mit diesem Image hat sich Airbnb in den letzten 10 Jahren seit seiner Gründung zu einem gewichtigen Akteur im Tourismus, vor allem in Städten, entwickelt. Viele Reisende nutzen Plattformen wie Airbnb, um in privaten Wohnungen oder Zimmern temporär unterzukommen. Dabei treten die Airbnb-Angebote vielerorts in Konkurrenz mit den Wohnungsmärkten – auch in Wien.

«Die Idee von Airbnb – das gelegentliche Vermieten des eigenen Zuhauses – erklärt nur einen bestimmten Teil des Airbnb-Booms in Wien. Einen mindestens ebenso wichtigen macht die gewerbliche oder kommerzielle Praxis aus. Es gibt findige Immobilieneigentümer und andere Akteure, die über diese Plattform Geschäfte machen», erklärt Justin Kadi vom Institut für Raumplanung an der TU Wien. Gemeinsam mit den Raumplanern Roman Seidl und Leonard Plank hat er letzten Oktober den Forschungsbericht «Wherebnb» veröffentlicht, die überhaupt erste Studie zum Thema Airbnb in Wien.

Analyse gegen Image.

In Wien gibt es mittlerweile um die 8600 Airbnb-Angebote. Die Umsätze werden in der Studie auf 10 % der gesamten jährlichen Nächtigungsumsätze des städtischen Tourismus geschätzt, in Zahlen sind das rund 80 Millionen Euro. Obwohl Kleinanbieter_innen mit nur einem Angebot den Großteil der Airbnb-Inserate in Wien stellen, landet dieses Geld hauptsächlich bei einigen wenigen Top-Anbieter_innen: 2/3 der monatlichen Gesamteinnahmen gehen an nur ­20 % der Anbieter_innen. Problematisch ist dabei vor allem, dass dem Wiener Wohnungsmarkt so dauerhaft Wohnungen entzogen werden. So handelt es sich bei 70 % der Angebote auf Airbnb um ganze Wohnungen, nicht nur um einzelne Zimmer oder einen einzigen Schlafplatz. Dabei wird ein beträchtlicher Teil dieser Wohnungen permanent als Unterkunft für Reisende vermietet. Den Analysen der Studienautoren zufolge geht es hier um 4 von 10 der auf Airbnb angebotenen Wohnungen. Daraus ergibt sich der Schluss, dass der reguläre Wiener Wohnungsmarkt momentan rund 2000 Wohnungen durch Airbnb verliert.

Verwertung anstatt Wohnen.

Airbnb-Angebote sind stark auf ausgewählte innerstädtische und touristische Gebiete konzentriert. Die Studie zeigt drei Schwerpunkte in Wien auf: den Bereich vom Schwedenplatz bis zum Karmeliterviertel, die Naschmarkt-Gegend und die rund um den Spittelberg. Diese Konzentration verstärkt auch den Konflikt rund um Airbnb und die Interessen zwischen Stadtbewohner_innen und Tourist_innen, zwischen Wohnen als Recht und der Immobilie als Ware. Regulationen wie etwa Widmungen, die die Verwendung von Raum politisch und auf Basis von Sachentscheidungen festlegen würden, werden durch Airbnb bislang erfolgreich umgangen. Roman Seidl: «Der Konflikt zwischen Tourismus und Wohnen wird unmittelbar in die Häuser der Bewohner_innen verlagert.» Um «Sharing» geht es also kaum, Airbnb ist einfach eine weitere Möglichkeit, die eigene Immobilie zu verwerten. So ist die Vermietung über Airbnb unter den derzeitigen Bedingungen für Eigentümer_innen und Vermieter_innen oftmals lukrativer als die reguläre Vermietung. Immerhin lassen sich so Mietpreisregulierungen umgehen.

Regulation für Airbnb.

Um diesen problematischen Seiten zu begegnen, gibt es in vielen Städten Bestrebungen, Airbnb zu regulieren. In Berlin, Barcelona oder San Francisco wurde etwa ein Registrierungssystem für Vermieter_innen eingeführt. In New York und anderen Städten ist die Anzahl der Tage pro Jahr begrenzt, an denen eine Wohnung über Airbnb vermietet werden darf. In Berlin sind etwa auch schutzwürdige Gebiete definiert, in denen die Vermietung von Wohnungen über Airbnb beschränkt ist. Das Problem bei diesen Regulierungsversuchen ist jedoch, dass die effektive Durchführung oft am mangelnden Zugang zu den Daten scheitert, so die Studienautoren. Wien ist in diesem Zusammenhang nun bemüht, eben diese Daten von Vermieter_innen über die Ortstaxe-Regelung zu bekommen, um damit den «Airbnb-Markt» erfassen zu können. Am Ende, so Roman Seidl, «ist es auch eine politische Frage: Werden die Interessen der Leute, die ihre Immobilien verwerten wollen, in den Vordergrund gestellt, oder überwiegt vielleicht das sozialpolitische, öffentliche Interesse, dass man den Wohnungsmarkt vor solchen Formen der Verwertung abschirmt.»

Weiterführende Informationen zur Situation von Airbnb in Wien finden sich online unter:

cba.fro.at/369785

wherebnb.in/wien