Traiskirchen: Beamte behandelten Afrikaner wie Viehtun & lassen

An die Staatsanwaltschaft

Rassismus in Österreich? Im Ausland habe sich in den vergangenen Wochen ein Zerrbild von Österreich verbreitet, beklagen blauschwarze Politiker und ihre Freunde. Statt dieses Gejammers sollten sie lieber für Aufklärung über innere Vorfälle sorgen, die die Verwendung des Begriffs „Staatsrassismus“ zunehmend legitimieren. Mag. Bubik vom Evangelischen Flüchtlingsdienst hat uns den Wortlaut der Anzeige des Wiener Rechtsanwalts Wolfgang Rainer (vom 5. März 2000) an die Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt. Es geht um die skandalösen Umstände der Polizeirazzia im Flüchtlingslager Traiskirchen vom 17. Jänner dieses Jahres.Anzeigerinnen: 32 AsylwerberInnen aus Angola, Gambia, Kamerun, DR Kongo, VR Kongo, Liberia, Ruanda, Sudan, Uganda alle vertreten durch: RA Dr. Wolfgang Rainer, alle Vollmachten erteilt.

Gegen: Unbekannte Täter (Beamte) des Landesgendarmeriekommandos NÖ, der Gendarmeriepostenkommandos Traiskirchen und Trumau und des Bundesministeriums für Inneres (Einsatzgruppe SEGA) wegen:

§§12,15,82,83,84,88,92,93,95,99,105,108,109,115,125,178,179,201,202,218,286,302, 303, 313 StGB.

Die Anzeiger wurden – wie den beiliegenden Beschwerden an den Unabhängigen Verwaltungssenat für Niederösterreich entnommen werden kann – am 17.01.2000 allesamt Opfer einer Haus- und Personsdurchsuchung im Block 3 des Flüchtlingslagers Traiskirchen.

Die Haus- und Personsdurchsuchung erfolgte ohne strafgesetzliche Grundlage. Es existierte kein Hausdurchsuchungsbefehl für die gegenständlichen Örtlichkeiten, noch waren die Angezeigten im Rahmen des Sicherheitspolizeigesetzes dazu befugt, Haus- und Personsdurchsuchungen vorzunehmen. Die Angezeigten haben – offenkundig aus eigener Macht – diese Amtshandlungen vorgenommen, sie waren bzw sind allesamt Beamte.

Den Polizeihunden war alles erlaubt

Beim Einsatz haben u.a. auch Hunde teilgenommen, nicht allerdings um nach verbotenen Suchtgiften etwa nach dem Suchtmittelgesetz zu suchen, sondern ausschließlich um die Anzeiger „in Schach zu halten“ bzw. einzuschüchtern. Ein Hund wurde nicht daran gehindert, die auf dem Bett liegende Minderjährige V.L., die zum Vorfallstag nicht ganz 2 Monate alt war (Säugling), die nicht zu ihrer Mutter durfte bzw. die Mutter von der Kontaktaufnahme mit dem Säugling abgehalten wurde, zu beschnüffeln und anschließend über das gesamte Gesicht abzulecken (vor allem § 92 StGB).

Die Minderjährige V.L. wurde (von Ihrer Mutter getrennt) auf einem Bett für die Dauer von ca. einer Stunde bei offenem Fenster belassen. Durch die Weigerung, dass die Mutter den Säugling an sich nimmt, wurde das minderjährige Kind in eine hilflose Lage gebracht und im Stich gelassen. Durch das geöffnete Fenster (Minusgrade ) und die gleichzeitig geöffnet gehaltenen Türen herrschte im Zimmer 13 Zugluft, die geeignet war, das Leben der minderjährigen. V.L. zu gefährden (§ 82 StGB).

Dem Anzeiger K. wurden anlässlich der Amtshandlung (mit gespreizten Beinen und Armen an der Wand stehen ) – von einem Beamten – die Hände mit Gewalt an die Wand gedrückt und anschließend – vermutlich mit der Faust – auf die ausgespreizten Finger geschlagen, wobei er eine Fingerquetschung erlitt (§ 83, 84 StGB). Diese hatte eine länger andauernde Gesundheitsschädigung zur Folge, die anschließend ärztlich behandelt wurde (§ 84 StGB).

Verschiedene Anzeiger wurden mit Schlagstöcken geschlagen und gestoßen.(I.; K.; O.; K.; L., M.; M.) Einige Anzeiger wurden so fest mit Plastikfesseln gefesselt, dass sie im Bereich der Handgelenke Einschnitte erlitten (§§ 83, 88 StGB) (K., A.).

Der Anzeiger K. wurde auf seine Bitte hin, man möge die schmerzhafte Art der Handfesselung (Plastikbänder) ein wenig lockern, von einem Beamten zu sich gewunken. Er ging – in der Hoffnung, dieser würde die Fesselung lockern oder ganz aufheben, indem die Fesseln entfernt würden) zu ihm hin. Der Beamte zog die Fesseln noch fester zu, sodass der Anzeiger vor Schmerzen laut aufschrie. Die Plastikfesseln schnitten in die Handgelenke ( §§ 83, 92, 93 StGB). Er wurde von den umstehende Beamten mit höhnischem Gelächter bedacht. Niemand schritt ein oder gewährte ihm Hilfe, niemand unterband das offenkundig auf Schmerzzufügen ausgerichtete Festerziehen der Fesseln.

Der betreffende Beamte ist Vorsatztäter , die anderen Mittäter in mehrfacher Hinsicht. Die männlichen Anzeiger wurden allesamt mit Plastikfesseln gefesselt. Sie durften sich ebenso wie die weiblichen Anzeiger nach ihrer Konfinierung nicht vom zugewiesenen Ort weg bewegen. Ihnen wurde allesamt die Bitte, Wasser zu trinken oder/und auf die Toilette zu gehen, verwehrt. Die Amtshandlung dauerte viereinhalb Stunden (§ 99 StGB). Die Verweigerung des Aufsuchens der Toilette (zum Urinieren) und der Wasseraufnahme (Trinken) war besonders qualvoll und unmenschlich.

Polizisten schauten beim Urinieren zu und lachten

Teilweise durften weibliche Gefangene auf die Toilette gehen, teilweise nicht. Die, die nicht gehen durften , konnten den Harndrang nicht mehr zurückhalten und urinierten sich selber an. Einige, denen das Aufsuchen der Toilette gestattet wurde, durften die Notdurft nur im Beisein von Beamten (weiblich und männliche) verrichten, was besonders entwürdigend war. Die Notdurft durfte aber nicht in die dafür vorgesehen Klomuschel vorgenommen werden, sondern musste neben der Klomuschel erfolgen und dabei wurden die Anzeigerinnen beobachtet. Zum Teil gelang es ihnen daher nicht, ohne sich selbst zu benässen oder die hinuntergezogene Unterwäsche oder Hosen zu beschmutzen , die Notdurft zu verrichten. Diese erfolgte unter ständigem Beisein von Beamten und unter deren höhnischem Gelächter (§§ 92,93,115,312 StGB ) (K.; M.). Das sich selbst Anurinieren wurde mit zynischem und verächtlichem Lachen und „Wortspenden“ bedacht. Dies war besonders entwürdigend.

In keinem einzigen Fall wurden die Anzeiger über die Amtshandlung in Kenntnis gesetzt noch sie über ihre Rechte belehrt. Die Hausdurchsuchung erfolgte ohne richterlichen Befehl (§ 109 StGB). Die Anzeiger erteilen die Ermächtigung zur Verfolgung der Täter!!!

Dem Anzeiger K. wurde der Koffer aufgebrochen und beschädigt. Der Koffer ist kaputt ( § 125 StGB ).

„You are not humans“, sagten die Uniformierten

Die Behandlung der Anzeiger durch die Angezeigten erfolgte z.T. menschenunwürdig. Die Angezeigten behandelten die Anzeiger z.T. wie Vieh. Sie wurden höhnisch ausgelacht und teilweise mit Schimpfwörtern belegt wie „shut up“, „you have not right to speak, we are the police“ und „you are not humans“. Einzelne Beamte bedachten die Anzeiger mit Worten wie „Kusch! Ruhe! Stop!!“ etc. Den Angezeigten war z.T. daran gelegen, die Anzeiger lächerlich zu machen , insbesondere als einige männliche Anzeiger sich coram publico nackt ausziehen und dort verharren mussten, an ihnen Analvisitation (K.; N.) etc. vorgenommen wurden oder auch nur der Anus für eine längere Zeit hindurch – wiederum vor den Augen aller Anwesenden – betrachtet wurde (S., E.) (§ 115 StGB). Dies erfolgte in einer die Menschenwürde verletzenden Art und Weise. Dabei wurde ein und derselbe Handschuh bei verschieden Anzeigern verwendet. Der Beamte trug Handschuhe, die er aber nicht wechselte. Nach dem er den Finger in den Anus des einen einführte, im Anus herumbohrte und den Finger wieder aus dem Anus herauszog, geschah dieses auch bei der darauffolgenden Person in der selben Weise ( N., K. zweimal).

Es bestand und besteht die Gefahr, dass damit die Verbreitung einer übertragbaren Krankheit herbeigeführt wurde(§ 178 StGB bzw § 179 StGB). Ebenso geschah dies bei einer weiblichen Anzeigerin, als bei ihr eine Vaginalvisitation durchgeführt wurde. Eine weibliche Beamtin bohrte in der Vagina herum und zog dann den Finger aus der Vagina wieder zurück ( K. ).

Es besteht hier der dringende Verdacht der Begehung einer strafbaren Tat nach §§ 201 bzw 202 StGB, weil das Einführen eines Fingers in den Anus bzw. in die Vagina, noch dazu in dem Zustand, dass der Anzeiger mit den Händen auf dem Rücken gefesselt war und sich daher nicht wehren konnte, Gewaltanwendung darstellt und die Handlung eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung darstellt bzw eine durch Gewalt ausgeübte Duldung einer geschlechtlichen Handlung angewendet wurde.

Dadurch, dass die Handlungen auch öffentlich vorgenommen wurden, und das Verhalten der Beamten geeignet war, bei den übrigen Betrachtern allesamt ein berechtigtes Ärgernis zu erregen, kommt auch die Strafbestimmung des § 218 StGB in Betracht. Es scheint aber auch § 286 StGB verwirklicht zu sein, da die an

den strafbaren Handlungen nicht beteiligten Beamten es unterließen, die mit Strafe bedrohte Handlung, die schon begonnen hatte, zu verhindern. Die Beamten sind insbesondere geschult und wissen daher exakt, was eine strafbare Handlung darstellt und was nicht.

Sie können auch – insbesondere wurden sie dazu ausgebildet – unterscheiden, ob eine Straftat unmittelbar bevorsteht, oder schon begonnen wurde (Analvisitation mit ein und dem selben Handschuh, Vaginalvisitation, Verweigerung der Aufnahme von Wasser; Verweigerung der Aufsuchung der Toilette, um die Notdurft zu verrichten etc.).

Inzwischen ermittelt auch die Behörde

Alle Angezeigten haben durch eigene Initiative oder durch das kritiklose Gewährenlassen einiger Beamter teils als unmittelbare Täter, teils als Mit- bzw Beitragstäter, teils durch aktives Tun, teils durch Unterlassung, sowie teilweise durch Bestimmungstäterschaft oder in Form des Versuches, teilweise wissentlich, teilweise vorsätzlich oder fahrlässig die strafbaren Handlungen begangen . Daher ist § 313 StGB mit zu berücksichtigen. Rücktritt vom Versuch ist in keinem Falle anzunehmen, auch nicht Notwehr oder Nothilfe bzw. Rechtsirrtum oder Putativnotwehr. (…)

Wie die Anzeiger bereits durch ihren Vertreter informiert sind, hat das LGK NÖ bereits vom Gericht den Auftrag erhalten, Erhebungen gegen die – bis dato unbekannten Beamten – durchzuführen. Nach dem derzeitigen Wissensstand hat das LGK NO bzw. das BMI bereits eine Untersuchungskommission in dieser Sache eingerichtet, die den strafrechtlichen und dienstrechtlichen (disziplinarrechtlichen) Vorwurf zu überprüfen.


Anmerkung: Von der Redaktion gekürzt und mit Zwischentitel versehen.

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