TUNMAG: Schau di ned um … Ein novelliertes Gesetz soll alles verbieten, was der Polizei nicht passttun & lassen

Das neue Sicherheitspolizeigesetz liegt derzeit zur Begutachtung vor. Bald, kann man sich sicher sein, wird es beschlossen sein, und es findet sich nicht viel darin. Dominik Schreiber macht im «Kurier» vom 16. Juni auf das Revival der sogenannten «Rezepte» aufmerksam. Das waren (Medikamentenrezepten gleich) leichthin verteilte Strafen für die «Erregung öffentlichen Ärgernisses» – in den 1990er Jahren wurde ihre Vergabe gestoppt, weil der Gebrauch durch die Polizei inflationär geworden war. In einem neuen, maßgeschneiderten Mäntelchen kommen sie jetzt zurück. Warum? Drei Schmankerl aus dem Entwurfstext:Erstens: «Mit dieser Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes sollen in erster Linie die präventiven und repressiven Instrumente im Bereich des Schutzes vor Straftaten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung sowie unter Anwendung von Gewalt verbessert werden.» Eine Schelmin, wer denkt, dieses Gesetz wäre Trittbrettfahrer der «Köln»-Debatte. Lesen wir weiter: Wer dabei erwischt wird, so aufzutreten, als hätte er sexualisierte Straftaten im Sinn oder sie bereits begangen hat, kann zur «Belehrung» in die Polizeidienststelle zitiert werden. Fair enough, aber was wird ihm dort beigebracht? Das Gesetz erklärt’s: Er ist dort – von wem? Dem diensthabenden Beamten? – «über die Grundwerte des Zusammenlebens in einem demokratischen Staat und seiner Gesellschaft sowie über das gesellschaftliche Leben in Österreich (vgl. § 31 NAG) aufzuklären». Als wüsste der durchschnittliche prügelnde und vergewaltigende Ehemann nicht bestens über das gesellschaftliche Leben in Österreich Bescheid. Oder ist der gar nicht gemeint? Gegen sexualisierte Gewalt muss man mit einem gestärkten Unterstützungsangebot auftreten; man muss das Selbstbewusstsein der Mädchen fördern, sich zu wehren; man muss Frauenfeindlichkeit und den Angriff auf andere Körper in öffentlichen Debatten ächten; man muss das Verständnis für sexualisierte Gewalt verweigern; man muss laut und klar hinter den Betroffenen stehen. Man braucht dazu aber keine Gesetzgebung, die auf rassistischen Diskursen aufbaut.

Zweitens soll der Tatbestand der «Störung der öffentlichen Ordnung» ausgeweitet werden, denn bisher kann nur bestraft werden, wer «ein besonders rücksichtsloses Verhalten» an den Tag legt. Man will aber bitte auch jene abstrafen, deren bloße Präsenz schon stört. «Beispielsweise kann das […] Verstellen von Geschäftspassagen das Zusammenleben in der Öffentlichkeit nachhaltig beeinträchtigen.» Sie denken an Betteln oder den Verkauf von Straßenzeitungen? Wir auch.

Drittens: «Zudem soll der Schutz von Amtspersonen vor ungerechtfertigten Angriffen und Störungen ihrer Amtshandlungen […] ausgeweitet werden.» Heißt: Bisher durfte nur weggewiesen werden, wer eine Amtshandlung wirklich störte. Nehmen wir an, eine Polizistin versucht die Autonummer einer Schnellfahrerin zu notieren und ich halte ihr die Augen zu – stört. Fürderhin soll die Sache erleichtert werden: Es ist nämlich so, dass manches Verhalten gar nicht dazu geeignet ist, eine Amtshandlung zu behindern, es aber trotzdem nervt. Mitreden zum Beispiel. Filmen. Einer beamtshandelten Person Unterstützung anbieten. «Mangels tatsächlicher Behinderung kann dieses Verhalten bislang jedoch nicht geahndet werden.» Ein bisschen Novellierung macht’s möglich.

Die Novelle, so heißt’s darin, will solches Verhalten behindern und bestrafen, das «die Eignung besitzt, berechtigtes Ärgernis zu erregen». Und legt, zumindest da kann man schmunzeln, auch die Interpretationshoheit fest: «Die Eignung bestimmt sich im Allgemeinen am Gefühl eines Durchschnittsmenschen.» Die Arbeitsweise von Durchschnittspolizist_innen neigt ohnehin schon zur Intransparenz. Diese Tendenzen sollte man nicht mit neuen Instrumenten fördern; das ist einer Demokratie nämlich unzuträglich.