TUNMAG: Unsicheres Wien, sicheres Kabul? Unseriöse Argumente für Abschiebungen nach Afghanistantun & lassen

Während Geflüchteten aus Syrien oder dem Irak in den meisten Fällen noch Asyl gewährt wird, ist dies bei vielen Afghan_innen nicht der Fall. Die Bundesregierung, das Außenministerium und das Innenministerium sind nämlich der Meinung, dass es in Afghanistan «sichere Gebiete» gebe, in denen die Menschen weitgehend friedlich leben können. Aus diesem Grund, so der Unterton, wären auch Abschiebungen in derartige Gebiete völlig in Ordnung.Die Situation entbehrt nicht ihrer eigenen Ironie: Dieselben Medien, die Wien wegen der angeblich unerträglichen Anzahl der Flüchtlinge zur unsicher gewordenen Stadt erklären, verschieben Kabul in den Status der Sicherheit.

Dabei haben allein in der afghanischen Hauptstadt die letzten Tage wieder einmal deutlich gemacht, warum es mehr als verständlich ist, aus einem solchen Land zu fliehen. Im Internet kursieren Berichte des Bloggers Emran Feroz, die ein realistisches Bild über ein «sicheres Land» zeichnen.

Fünfzehn Jahre seit dem Einsatz der westlichen Truppen in Afghanistan könnte die Lage im Land nicht schlimmer sein, schreibt Emran Fe­roz. Vom versprochenen Frieden, der Demokratie und den Menschenrechten fehlt jegliche Spur. Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) zählt seit Beginn ihrer Zählung im Jahr 2009 jährlich einen neuen Höchststand an zivilen Opfern. Zum gleichen Zeitpunkt flüchten zahlreiche Afghan_innen aus ihrer Heimat. Bevor der Krieg in Syrien ausbrach, stellten Menschen aus Afghanistan die größte Gruppe von Geflüchteten weltweit dar. Mittlerweile befinden sie sich nach den Syrer_innen auf dem zweiten Platz. Rund ein Zehntel der afghanischen Bevölkerung befindet sich weiterhin auf der Flucht. Ein neuer UNICEF-Bericht hat vor kurzem deutlich gemacht, dass knapp die Hälfte aller minderjährigen Geflüchteten aus Syrien und Afghanistan stammen.

Krieg herrscht nicht nur in Kabul, sondern auch, oder vor allem, in den anderen Teilen des Landes. In vielen Provinzen, etwa in Kunduz, in Uruzgan, in Baghlan oder etwa in Helmand, spielt sich in diesen Tagen nahezu dasselbe Szenario ab wie im vergangenen Jahr: Die Taliban erobern einen Distrikt nach dem anderen. Der Höhepunkt im September 2015 war die kurzzeitige Eroberung der Provinzhauptstadt von Kunduz. Nun setzt die NATO alles daran, einen solchen Erfolg in diesem Jahr zu verhindern. Alles andere würde der Weltöffentlichkeit nämlich ein weiteres Mal das absolute Scheitern des westlichen Militäreinsatzes vor Augen führen, schreibt Emran Feroz.

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