Ein Amtsgericht in Deutschland hat eine Person wegen «Erschleichung von Leistungen» verurteilt, obwohl er ein deutliches Hinweisschild trug: Ich fahre ohne Fahrschein. Was soll das für ein «Erschleichen» sein, wenn der Täter oder die Täterin offen zum Ausdruck bringt, die Beförderung unentgeltlich in Anspruch zu nehmen?Zehn Gerichtsverfahren gibt es derzeit in dieser Angelegenheit in ganz Deutschland. «Nicht das gekennzeichnete Fahren ohne Fahrkarte ist rechtswidrig, sondern seine Bestrafung. Ich nenne das Schwarzstrafen, denn das Strafen ist der eigentliche Rechtsbruch dabei!», verteidigte sich einer der Streiter_innen für den Nulltarif. Inzwischen gibt es die Internetseite www.schwarzstrafen.de.vu, die eine bundesweite Kampagne gegen das «Schwarzstrafen» ins Laufen bringen soll.
Eigentlich ist das Anlegen völlig logisch: Im Gesetz steht eindeutig: Nur, «wer die Beförderung durch ein Verkehrsmittel … erschleicht», begeht eine Straftat. Wer es offen macht, begeht sie nicht. Allerdings muss die Kennzeichnung eindeutig sein, d.h. der Inhalt, dass keine Fahrkarte vorhanden ist, muss klar und verständlich sein, die Botschaft muss lesbar und sichtbar sein, und sie darf nicht die Formen annehmen, die auch außerhalb von «Schwarzfahrten» üblich sind – ein hippes Schwarzfahrer-T-Shirt, das auch in Discos u. Ä. zum Angeben getragen wird, reicht also nicht.
Die Gerichte reagieren trotz dieser zwingenden Logik unterschiedlich. Ein positives Beispiel aus dem Freispruch des Amtsgerichts Eschwege vom 12. 11. 2013: Der Angeklagte hat zwar eingeräumt, jeweils den Zug der Verkehrsgesellschaft benutzt zu haben, ohne im Besitz des erforderlichen Fahrscheins gewesen zu sein. Seine Einlassung, dass er jedoch in allen 3 Fällen vor Fahrtantritt deutlich sichtbar einen Zettel an seine Kleidung geheftet hatte mit der Aufschrift «Ich fahre umsonst», war nicht zu widerlegen. Damit hat er allerdings gerade offenbart, kein zahlungswilliger Fahrgast zu sein, weshalb bereits der objektive Tatbestand des § 265 a Abs. 1 StGB nicht erfüllt ist.
Entsprechende Erfahrungen fehlen in Wien. Tipp aus einem Wiener Schwarzfahrer-Blog: «Wenn du ehrlich sagst, dass du keine Fahrkarte hast, dann ist nur das erhöhte Beförderungsentgelt fällig. Wenn du versuchst, den Kontrolleur zu täuschen oder gar die Fahrkarte zu manipulieren oder zu fälschen, können noch andere Delikte (Erschleichung einer Leistung usw.) hinzukommen. Das kann richtig teuer werden.»