Überlegungen zu gewaltsamen Amtshandlungentun & lassen

Fünf lästige Beobachter

In der 2. Woche des März berichteten, einen Tag nach Erscheinen eines Artikels im Falter (10/99) und durch eine APA-Meldung informiert, fast alle Wiener Tageszeitungen (Standard, Wiener Zeitung, Presse, Kurier) über die Festnahme eines des Drogenhandels verdächtigten Farbigen, bei der es zu Gewalthandlungen und rassistischen Beschimpfungen seitens der Polizei, gekommen war.

Eine kurze Falldarstellung für all jene, die dieses Ereignis in den Medien nicht mitverfolgt haben:

In der Nacht vom 3. auf den 4. März kam es in einem Betriebsraum der Wiener Linien1, bei der U – Bahn Station Schottenring, im Rahmen einer Verhaftung zu gewalttätigen Übergriffen von zweiassistischen Beschimpfungen, Polizisten. Der verhaftete Mann (Mohammed S.) wurde von den Männern mit einem Gummiknüppel geschlagen, mit den Stiefeln getreten, währenddessen mit Ausdrücken wie „Du Negersau“ beschimpft, obwohl er schon lange wehrlos am Boden lag und mit Handschellen hätte versehen werden können. Der „Pfefferspray“ wurde erst nach den Gewalthandlungen, die sogar nach dessen Einsatz noch weitergingen, verwendet.

Für diesen Vorfall gibt es fünf Augenzeugen, die versuchten, die Polizisten von den Gewalthandlungen abzubringen und bereit sind, darüber auszusagen. Sie konnten diese Beobachtungen nur machen, da die große undurchsichtige Scheibe des Betriebsraumes zerbrochen wurde und so den Blick ins Innere des Raumes, auf unglaubliche Szenen, freigab. Erst sehr spät kam ein Krankenwagen um den Verletzten ins Lorenz Böhler-Spital abzutransportieren. Dies ist einer der letzten Polizeieinsätze mit rassistischem Charakter, über den medial und ausführlich berichtet wurde. Mittlerweile wurde das Vorgefallene von den Zeugen protokolliert und der Staatsanwaltschaft übermittelt, und somit ist nun der Untersuchungsrichter am Zug, die nötigen Untersuchungen im Rahmen eines Vorverfahrens zu beginnen.

„Nachdem der Schwarze von der Rettung abtransportiert worden war, ist der eine Polizist (der auch auf den Schwarzen eingeschlagen hatte, Anm. d. Vin.) zurückgekommen, an meiner Begleiterin vorbeigegangen und hat sie gefragt: ‚Wie ist das so mit einem Neger?'“ Diese Äußerung ist eine Kombination aus Sexismus und Rassismus, basierend auf dem Vorurteil: Nur eine Frau mit massiv sexuellem Interesse an Schwarzen Männern, kann sich für deren faire Behandlung einsetzen.

Pauschalurteile wie: Die meisten Schwarzen sind Drogendealer, die meisten Obdachlosen sind Alkoholiker, alle Polizisten sind Gewalttäter,….. usw. werden auch von Medien produziert. Diese verkürzten, zu einfachen und von daher notwendigerweise falschen Denkverknüpfungen führen zu einem gefährlichen Vorurteilsnetz, das Haß, Ablehnung und in Folge dessen Gewalt produziert.

Das permanente Hervorheben von Differenzen verstellt den Blick auf Gemeinsamkeiten und wird auch von politischen Gruppierungen zum Zwecke „effizienter“ Polarisierung mißbraucht. Die Differenzen sind vor allem nicht homogen unter den Bevölkerungsgruppen aufgeteilt, sondern durchziehen diese, den Definitionen zum Trotz.

Rassismus, Sexismus und Ausgrenzung sind Phänomene unserer Gesellschaft, die in allen Bereichen, so leider auch in unseren Polizei – Behörden vorzufinden sind. Ein wirksames Instrumentarium, dem entgegenzuwirken, wäre eine gute allgemeine, umfassende Ausbildung (nicht nur für PolizeijuristInnen und höhere Polizeibedienstete). Neben der Ausbildung zum Gebrauch von Waffen und Kampfsportarten, müßte ein Schwerpunkt auch in Sozial- und Integrationsausbildung bestehen.

Einsparungen bei den Ausbildungskosten und Rationalisierungen erzwingen eine immer schlechter werdende Aus – Bildung der PolizistInnen. Folge dieser Maßnahmen ist, daß auf die Bildung von sozialer Kompetenz weitgehend verzichtet werden muß. [Beispiel: So mußte z.B. jedes Kommissariat mindestens eine weibliche Kriminalbeamtin mit Abschluß als Diplomierte Sozialarbeiterin anstellen. Dies wird in Zukunft nicht mehr notwendig sein, da man Polizistinnen in einem kurzen Kurs, für die Einvernahme von vergewaltigten Frauen und mißhandelten Kindern, ausbilden möchte.]

So gibt es, wie auch Innenminister Karl Schlögl in seinem Interview im Falter 11/99 zitiert wird, als Bestandteil der Fortbildung für PolizistInnen, Vorträge zu Menschenrechtsfragen von entsprechenden Organisationen. Eine davon ist die „Association for Democracy in Africa“ (ADA), die auch als Anlaufstelle bei Problemen von Afrikanern mit der Polizei fungiert, und Schulungs- und Seminare gemeinsam mit der Wiener Volkshilfe für die Wiener Exekutive organisiert. ADA, als Schnitt- und Kommunikationsstelle mit wichtiger Vermittlungsfunktion, hat diese Kooperation seit Beginn dieses Jahres, wegen wiederholten gewalttätiger Amtshandlungen an Schwarzen, bis auf weiteres abgebrochen. Die zuständigen Personen im Innenministerium müßten überlegen, ob verstärkte Ausbildung, mit dem Ziel vielfältige sozialen Kompetenzen zu erwerben, nicht unabdingbare Notwendigkeit werden müßte. Außerdem finden die meisten Fortbildungsmaßnahmen ausschließlich im Kreis der Polizei statt, obwohl verstärkte Kooperationen mit Hochschulen und externen Einrichtungen (wie NGOs) einen Beitrag zur Kommunikation zwischen den Berufsgruppen (Studenten, Polizei, …) darstellen würden, und Mißtrauen und falsche Vorstellungen – von allen Seiten – abbauen helfen könnte. Da für „inter-ethnische“ Schulungen und Kurse keine Verpflichtung besteht, ist anzunehmen, daß gerade jene Beamten mit Vorurteilen gegenüber anderen – ihnen fremden – Nationalitäten und Kulturen, diese Kurse nicht besuchen und somit die Vorurteile nicht abbauen können.

Festnahmen mit Gewalteskalation sind ein bedrückender Umstand, da selbst im Falle einer begründeten Verhaftung, die „Unschuldsvermutung“ bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Verurteilung gelten müßte. Um so tragischer sind diese Fälle, wenn sie auf bloßen Vermutungen wegen „anscheinend verdächtigem Verhalten“ basieren.

„Die Wiener Anti-Rassismus-Hotline von „Helping Hands“ (Tel:17 600 17) verzeichnete allein im Zeitraum von Oktober 1997 bis vergangenen Dezember 55 Anrufe wegen Polizeiübergriffen – meist wurde den Opfern ihre schwarze Hautfarbe zum Verhängnis“.

Bezogen auf den oben erwähnten Fall stellt sich die Frage: Warum kommt es so selten vor, daß Leute ähnliche wahrgenommene Ereignisse festhalten und der Staatsanwaltschaft übermitteln?

Ein möglicher Grund – unter vielen anderen – könnte sein, daß die notwendigen Informationen über Ansprechpartner und Stellen fehlen, die man in so einem Fall kontaktieren könnte. Es ist nicht weiters erstaunlich, daß nach Beobachtung eines gewaltsamen Polizeieingriffes, man nicht gerne an die Polizei sich wendet, um über das Beobachtete zu berichten……..

Es gibt allerdings Institutionen, Organisationen und Einrichtungen an die man sich in einem solchen Fall wenden kann (wie z.B. Helping Hands Anti-Rassismus Hotline, Amnesty International, Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EU), Bürger beobachten die Polizei, ….. im Falle, daß die gewählte Stelle nicht zuständig ist, kann sie zumindest mit Auskünften über Ansprechpartner weiterhelfen)

Unter anderem auch um Problemen der Kommunikation und Informationsbeschaffung in Zukunft besser entgegenwirken zu können, fand am 17.3. im AAI ein Treffen statt, zu dem Organisationen (u.a. Victim support and empowerment, LEFÖ, Die Bunten, Initiative Minderheiten, Asylkoordination Österreich,…..), die sich mit Problemen wie Rassismus und sozialer Ausgrenzung beschäftigen, eingeladen waren, die ein Netzwerk gegen Rassismus errichten wollen (ANAR: Austrian Networking Against Racism).

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