ÜberReichtumtun & lassen

Illustration: Thomas Kriebaum

Eing'Schenkt (3. Juli 2024)

Die schaut es mit Reichtum aus im Land? Manche sehen sich berufen, zu verhindern, dass wir das erfahren. Die aktuellen Daten unterschätzen die Vermögenskonzen­tration, weil die Reichsten ganz oben in den Befragungen nicht erfasst sind. Jetzt sollte mit einer Studie eine bessere Datenlage und besseres Wissen über die Vermögensverteilung hergestellt werden. Alles war vorbereitet. Doch der Nationalbankpräsident ­verhinderte diese Forschung und den Erkenntnisgewinn. Njet. Für den österreichischen Sozialbericht schreiben zwei ­Ökonomen ­einen Fachartikel zu Privateigentum und Vermögen. Pirmin Fessler und Martin Schürz sind die renommiertesten Reichtumsforscher:innen im Land. Der Nationalbankpräsident verbietet den beiden Wissenschafter:innen, ihre Ergebnisse öffentlich zu präsentieren. Njet. Die Diskussion vermögensbezogener Steuern soll unterbunden werden.
Der Artikel ist aber nachzulesen. Der Beitrag ergänzt die Verteilungsstudie des Wirtschaftsforschungsinstituts, die Einkommen ansieht, um die Analyse der Vermögenssituation. Schürz und Fessler plädieren dafür, Einkommen, Vermögen und ­Eigentumsverhältnisse gemeinsam zu betrachten. Da ist noch mehr Spielraum: Subventionen des Staates an Eigentümer:innen zu lenken, Geld zwischen Vermögens- und Arbeitseinkommen zu verschieben, Immobilien zu besitzen, unterschiedliche Möglichkeiten zur Steuervermeidung oder Steuerflucht zu nützen.
So wie Armut nicht nur mit Einkommensmangel beschrieben werden kann, geht es auch bei Reichtum nicht bloß um Villa und Yachten. Es geht um den Möglichkeitsraum, den Reichtum für die betreffenden Personen aufmacht. Es geht um die politische Durchsetzungskraft, die Reichtum schafft, um die Bedingungen zu den eigenen Gunsten zu verschieben. Zum Beispiel über den Besitz von Medien, Wahlkampfspenden und Gesetzesbeeinflussung. Reichtum definiert sich durch kapitale Möglichkeiten. Reichtum wirkt nicht nur durch das, «was er tut, sondern auch durch das, was er tun könnte», so Soziologe Georg ­Simmel. Wer das Gold hat, macht die Regel? «Vermögende profitieren von der gegenwärtigen Steuerstruktur, von generösen Subventionen, von Unterstützungen in Krisen, elementarem Eigentumsschutz, vorrangigem Zugang zu politischen Entscheidungsträger:innen, freundlich gesinnten Medien und effektiven Lobbyisten», schreiben Schürz und Fessler. «Sie können den rechtlichen Rahmen viel einfacher als Arme und Menschen der gesellschaftlichen Mitte zu ­ihren Gunsten beeinflussen.»
Die Philosophin Judith Shklar stellt sich eine Gesellschaft vor, «in der niemand so arm wäre, sich verkaufen zu müssen, und niemand so reich, andere kaufen zu können». Hierzulande hat sich ein Reden entwickelt, das viel Energie in die Verachtung der «Unterschicht» steckt – mit dem praktischen Effekt, von den Reichtums­privilegien ganz oben abzusehen. Die Reichsten rechnen sich arm, während die Armen reichgerechnet werden.
Der Nationalbankpräsident, der Vermögensforschung behindert, ist übrigens von der FPÖ nominiert. Von wegen «kleiner Mann» (und ­kleine Frau). Ein Witz: Sitzen ein Multimillionär, ein U-Bahn-Zeitungsleser und eine Sozialhilfebezieherin an einem Tisch. In der ­Mitte liegen zehn Kekse. Der Multimillionär nimmt acht davon und sagt zum Zeitungsleser: Pass auf! Die mit Sozialhilfe nimmt dir dein Keks weg.

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