Umsatzschlager Sicherheittun & lassen

Immo Aktuell

Thermenservice. Knapp die Hälfte aller Wohnungen in Wien wird über Gasthermen beheizt. Wer bei der jährlichen Wartung zu sparen versucht, gerät schnell an fragwürdige Firmen.

Text: Mareike Boysen
Illustration: Much

Die Rechtfertigung des jungen Mitarbeiters eines Wiener Betriebs für Gas- und Sanitärtechnik klingt wie ein Werbeslogan. «Wenn Sie bedenken, dass es um Ihre Sicherheit geht», sagt er, während er die handgeschriebene Rechnung über den Küchentresen in Brigittenau schiebt, «sind 170 Euro nicht sehr viel.» Für eine gewissenhaft durchgeführte Heizthermenwartung handele es sich um einen gängigen Preis, gibt er noch zu bedenken, zumal dieses spezielle Modell bei jeder Öffnung einen Austausch der Dichtung erfordere. Im Vorhinein habe er das nicht wissen können.
Tatsächlich führen die Aussagen des jungen Installationsmeisters ein Dilemma vor. Wem Gesundheit und Leben lieb sind, so lehren es beständig mediale Berichte über Kohlenmonoxidvergiftungen in Privatwohnungen, der lässt regelmäßig die Gastherme warten. Eine Aufgabe, die laut geltendem Gesetz nicht den Vermieter_innen sogenannter Wärmebereitungsgeräte zukommt, sondern deren Mieter_innen. Meist werden vertraglich Wartungsintervalle von höchstens zwölf Monaten vorgeschrieben. Wer dem nicht nachkommt, riskiert, die Kosten für spätere Reparaturen oder sogar ein neues Gerät übernehmen zu müssen.
Außerdem, erklärt Günter Vida, wirke sich die Häufigkeit der Wartungen auf die unmittelbaren Energiekosten aus. «Je seltener Sie ein Gerät servicieren lassen, desto weniger effizient heizen Sie», sagt der in Meidling angesiedelte Installateur. Schlimmer noch: Wer sich aus akuter finanzieller Not an diejenige Installationsfirma wendet, die ihm den niedrigsten Preis verspricht, zahlt wahrscheinlich am Ende am meisten. Billigfirmen, wie Vida sie nennt, profitieren einerseits von einer Kund_innenmentalität, die von Respekt und Ahnungslosigkeit gegenüber dem Gerät geprägt ist, und andererseits von Notlagen, die sie selbst verursachen.
Unglaublich schnell. «Wir kommen immer wieder zu Kunden, die ein Lockangebot wahrgenommen haben, das als Flugzettel in ihrem Postfach gelegen ist: 60 Euro für ein Service zum Beispiel. Mit den Thermen dieser Kunden ist offensichtlich Schindluder betrieben worden», sagt Vida. «Die Geräte sind verdreckt, haben schlechte Abgaswerte, produzieren zu viel Kohlenmonoxid oder funktionieren schlicht nicht mehr.» Ob eine Wartung, die neben einer gründlichen Reinigung die Überprüfung aller Funktionen und den Austausch von schadhaften Teilen umfassen sollte, tatsächlich durchgeführt worden ist, lasse sich für Kund_innen manchmal am Zeitaufwand erkennen. «Viele dieser schwarzen Schafe sind nach einer Viertelstunde wieder weg», sagt Vida, während ein gründliches Service etwa eine Dreiviertelstunde in Anspruch nehme.
Robert Breitschopf, Innungsmeister der Wiener Installateur_innen, ist noch Schlimmeres gewohnt. «Die größte Herausforderung für meine Kollegen ist das Internet geworden», sagt er. «Dort kann inzwischen jeder anbieten, was er möchte, ob mit Kompetenz oder ohne.» Wer früher beim Herold ein Inserat habe schalten wollen, habe einen Gewerbeschein vorlegen müssen. Große Suchmaschinen verlangen dagegen weder eine Registrierung bei der WKO noch ein vollständiges Impressum. «Wenn also Kunden einen Installateur-Notdienst suchen, dann stoßen sie wahrscheinlich zuerst auf Einschaltungen von Firmen, die es gar nicht gibt.» Immer wieder tauchten abends Inserate sogenannter Notdienste auf, deren Webauftritte am folgenden Morgen wieder verschwunden seien. Zwei renommierte Installationsfirmen seien zuletzt auf Kopien ihrer Websites mit geänderten Telefonnummern gestoßen, erzählt Breitschopf. Während sich die Installateursinnung müht, gemeinsam mit dem Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb gegen einzelne Betrüger vorzugehen, ist das kriminelle Feld längst ein unübersichtliches geworden.

Unfassbar günstig.

Weshalb Breitschopf an die Vernunft des Einzelnen appelliert. «Hinterfragen Sie alles, was unüblich billig ist», sagt er. Für Kund_innen bedeutet das Engagement einer Pseudofirma nicht allein den Einsatz einer Person, die weder im Bereich Installation noch für das jeweilige Gerätemodell ausgebildet ist. Sogenannte Installateur-Notdienste geben nicht selten Hotlines an, auf die ebenso ein Rohrreinigungsservice, ein Schlüsseldienst und ein Kammerjäger verweisen. Zumeist wird außerdem von den vermeintlichen Firmenmitarbeitern, die im Regelfall zu zweit erscheinen, vor Ort ein Vielfaches des ausgemachten Preises verlangt. «Sie geben oft vor, dass etwas kaputt ist und ausgetauscht werden muss», sagt Breitschopf. So trifft es Pumpen, Schläuche oder Elektroden. «Wenn möglich in der Situation, sagen Sie, dass Sie nicht so viel Bargeld haben», sagt Breitschopf, «und verlangen Sie eine Rechnung oder vertagen Sie die Reparatur.» Ersatzteile müssen die Vermieter_innen zahlen.
Nun können sich sogenannte Notdienste allerdings darauf verlassen, Menschen in Not anzutreffen. Solche, die im Winter nicht heizen können oder sich vor einer Kohlenmonoxidvergiftung fürchten. Wer sich rechtzeitig die Mobilnummer des vertrauenswürdigen Installateurs aus dem Grätzl besorgt oder auf installateurfinder.at einen registrierten Dienst ausgesucht hat, ist vergleichsweise gut beraten. Teuer wird es in jedem Fall.

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