Un-manage Our Brains!Artistin

Musikarbeiter unterwegs … Evanston, Ft. Apache, Miami, Ottakring

Brainmanagerz: Der Wiener Musiker_innenverband mit dem Künstler und Eishockey-Crack Steve Mathewson begeistert mit den fünf Songs seines Mini-Albums. Von Rainer Krispel (Text) und Mario Lang (Foto)

Vielleicht ist das gerade nur das Untergehen. Das Hirn verabschiedet sich, alles andere mit. Der Untergang von wirklich allem, was sich am Menschsein hätte lohnen können. Liebe, Musik, Sex, das Flicken und Ficken, die Kunst und das Lächeln. Der gar nicht so schleichenden Apokalypse ringen wir Momente ab. Noch einen und noch einen. Die Kinder zocken so oder so gerne, die Älteren dancen, das Morgen war ihnen immer schon egal. Wer weiß schon, ob das Freibad und der Wildbach noch einmal aufmachen, oder ob der Berg ruhig hält? Wer hätte je gezeugt, wäre das absehbar gewesen? Und wer hätte es nicht getan? Aber dann hat Blümchen, diese Minister-Persiflage, dieser Durchschnitts-Stricher für nur die notgeilsten Wirtschaftskapitäne, die komplett steuerunfähig höchstbezahlt sogar noch ein Tretauto schreiend an die Wand fahren und die Schuld dem Sozialismus geben, «inter-disziplinär» gesagt. Ein Ruck ging durch das beseelte und unbeseelte Universum. Waves Crashing von den Brainmanagerz begann zu spielen, in genau der richtigen Lautstärke. Wir alle wachelten mit unseren roten Schildkappen mit dem Bandnamen aufgedruckt, der entstehende Wind rüttelte an der Perspektivlosigkeit, die Arschlöcher verwehten. Im Wegfliegen entschuldigte sich Donald noch bei Greta, die Liebe lachte uns allen wie am ersten Tag. Der Traum ist aus, aber nicht nur Charles wird alles geben, dass er Wirklichkeit wird. ­Miami Deathwish 2 spielt auf Repeat, das gender- und generationsübergreifende Dancen kennt kein Ende.

Des klane Atelier in our street.

Steve Mathewson (als Stephen R. Mathewson im Katalog episode 1. Drawings, Installations und Malerei 2004 – 2007 geführt, den er dem Autor zur Vertiefung mitgibt) und Thomas Geldmacher von den Brainmanagerz nehmen sich wochentags im Atelier des ersteren zu Mittag Zeit für die Musikarbeiter. Zu viert tauchen wir ein in eine sich rasch offenbarende und verzweigende – all over the map – Welt voll Kunst, Musik, Ideen – und Eishockey. Letzteres spielt im Leben von Steve, geboren 1962 in Evanston in der Metropolregion Chicago, väterlicherseits geprägt eine Rolle. Er arbeitet als Trainer (Wiener Sport-Club) und spielt in einer Hobbymannschaft. Schon zeigt er uns seinen neuen Lieblingsschläger. Mit Thomas, von 1990 bis 2000 bei Nar Malik, einer Band, die bis heute die Beschäftigung lohnt, verbindet ihn eine lange Freundschaft und – Musik! Der Saxophonist, Gitarrist, Songwriter und Sänger Steve, der 1987 seinen Bachelor of Fine Arts an der University of Massachusetts machte, half den Kontakt herzustellen, als Nar Malik im nicht unlegendären Fort-Apache-Studio aufnahmen, wie vor ihnen Bands wie die Pixies, Dinosaur Jr. oder Buffalo Tom (Indie-Nerds, wischt den Sabber weg!). Buffalo Tom? Mit denen spielte Mathewson, ebenso war er mit seinem Freund und Musiker Steve Westfield früher ausführlich in Sachen Musik unterwegs, als Indie-Rock noch kreativ boomte. (Nach Österreich kam er zur Salzburger Sommerakademie.) Den erinnerten Hergang der Anekdote, wie Lou Barlow (Sebadoh, Dinosaur Jr.) jemanden verprügelte (Indie-Nerds …!), verschluckt allerdings die Tonqualität des am Mobiltelefon mitgeschnittenen Gesprächs. Das Faktische wird ohnehin meist überschätzt.

True Happiness. «Do you wanna go Las Vegas/looking for some true happiness», fragt der letzte der fünf Songs, die auf dem bei Konkord erschienen Minialbum versammelt sind. Obwohl – oder vielleicht gerade weil? – die beiden Gitarren Brainmanagerz davon zu reden wissen, dass es sie seit vielen Jahren herzlich wenig interessiert, eine konventionelle Band zu sein, für diese Ohren ein waschechter Hit. So wie der ganzen Platte das Kunststück gelingt, mit alten Aufnahmen jetzt dringend zu klingen, wie das Wiederhören mit dem 2016 verstorbenen Maler, Musiker und Brainmanagerz-Drummer Dieter Preisl nicht zur postumen Dokumentationsübung wird, sondern roh und durch und durch lebendig ist, mehr Aufbruch als Abschluss. Schon sind wir bei den womöglich «echten» Brainmanagerz, die sich durch einen Teil von Steves bildnerischer Arbeit ziehen, featuring eine bestimmte rote Baseballkappe, in Großbuchstaben darauf zu lesen BRAINMANAGERZ. «Crap-Rock» fällt einmal. Ein Begriff, nicht um die eigene Musik abzuwerten, sondern um die zu vermeidende Ödnis von Wiederholung, Berechenbarkeit und Marketing, die Erfolgsgeschichten in der Musik fast zwingend (auch) prägen, auszuschließen. So versuchen die aktuellen Brainmanagerz – Bassistin Eloui, Schlagzeuger Wolfram Leitner, und, ist er im Land, David Quigley an der Trompete – ihre Livekonzerte spannend zu halten, so wie Steve für jedes Konzert ein eigenes Plakat gestaltet. Zuletzt für jenes mit Thalia Zedek, mit einem blauen Auto. Wo fährt es wohl hin?

Brainmanagerz: Same (Konkord)

soundcloud.com/brainmanagerz

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