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Hinter den Problemen rund um Griechenland steckt mehr als nur gefälschte Statistiken. Es geht um die Ungleichgewichte im Euroraum, die bestimmten Interessengruppen in den reicheren Ländern jahrelang äußerst recht waren. Das Konsumwachstum betrug seit 2000 in Griechenland 74 Prozent, in Deutschland im gleichen Zeitraum jedoch nur 16 Prozent. Österreich lag mit 31 Prozent in der Mitte. Ähnlich hoch wie in Griechenland war das Konsumwachstum in Spanien mit 66 Prozent. Dahinter stehen sehr unterschiedliche Lohnentwicklungen in den einzelnen Ländern. Die Löhne pro Beschäftigten stiegen in Griechenland seit 2000 um rund 50 Prozent, in Deutschland nur um knapp 10 Prozent. Schließlich geht es nicht nur, ja nicht einmal hauptsächlich um Staatsfinanzen, sondern ganz zentral um ein außenwirtschaftliches Ungleichgewicht, nämlich hohe Überschüsse des Exports über den Import in Deutschland und umgekehrt in Südeuropa. Mit Sparen allein wird man nichts sanieren können, weil das Sparen ohne einen positiven Impuls aus anderer Richtung die Wirtschaft immer tiefer in die Rezession treibt. In einer Währungsunion gibt es eine Anpassung nur über die Löhne: Vernünftig wäre jetzt: Im Überschussland wie Deutschland müssten die Löhne stärker steigen, im Defizitland weniger als zuvor.Auch international hatten die großen Ungleichheiten zwischen Arm und Reich einen wesentlichen Anteil am Finanzcrash. In den USA wurde der prekäre Wohlstand auf der Verschuldung der Privathaushalte gebaut. Aufgrund der hohen sozialen Ungleichheit und mangelnder sozialer Sicherungssysteme können sich die meisten US-BürgerInnen Konsumgüter und Wohnraum nur über Verschuldung leisten: unsicherer Wohlstand auf Pump, und zunächst ein gutes Geschäft für die Banken. In Europa führte der Rückgang der Löhne und Kürzungen im Sozialen zu weniger Konsum bei steigender Gewinnquote, die aber auf die Finanzmärkte wanderte. Europa finanzierte die steigende Verschuldung in den USA. Der verteilungsbedingte Verschuldungsbedarf in den USA und einiger anderer Länder ist durch die ebenso verteilungsbedingte Überschussersparnis in einigen europäischen und anderen Ländern gedeckt gewesen. Zumindest bis es krachte.
Jetzt ist das Kartenhaus eingestürzt. Die Phantomschmerzen seiner ideologischen Architekten sind nicht zu unterschätzen. Und das macht Reformen auch so schwierig. Auch wenn sie unumgänglich sind. Besonders auf den Finanzmärkten. Während die Finanzmärkte sich wieder auf business as usual einstellen, soll die Bevölkerung nun mit Sparpaketen bezahlen, was das Finanzdesaster an Löchern in die öffentlichen Haushalte gerissen hat. Die Stimmen der Verdrängung, die jetzt mehr Druck auf Arbeitslose fordern, werden freilich schon laut. Oder auch Riesensparpakete in Gesundheit, Bildung und Sozialem. Sparen bringt keinen Aufschwung. Es muss europaweit richtig investiert werden, der Konsum stabil gehalten und von den Profiteuren der letzen Jahre, den obersten 10 Prozent, ein Beitrag zu den Krisenkosten einverlangt werden. Die Auswirkungen auf die Konjunktur, auf die Arbeitslosenzahlen und auf die soziale Lage können sonst verheerend sein. Wenn man jetzt zu wenig vom Richtigen und zu viel vom Falschen tut.
Buchtipp: Es reicht! Für alle! Wege aus der Armut, Deuticke.