Was Raiffeisen und die Casinos Austria unter gutem Regieren verstehen
Was haben die Begriffe «Good Governance», Raiffeisen, Casinos Austria und BZÖ miteinander zu tun? Viel und wenig: wenig «Good Governance» und viel Geld für das BZÖ von die Casinos Austria. Und Raiffeisen? Ist Großaktionär der Casinos Austria AG (CASAG).Der Reihe nach: Zuallererst müssen wir den Begriff «Good Governance» klären. «Gutes Regieren» – klingt einfach, ist es aber nicht. Gemeint ist ein gutes Steuerungs- und Regelungssystem einer politisch-gesellschaftlichen Einheit eines Staates oder eines Teiles seiner Einrichtungen wie einer Kommune. Aber auch relevant große Wirtschaftsapparate wie etwa die Raiffeisengruppe beschäftigen sich mit dem Thema. Macht sich gut in der veröffentlichten Meinung, wenn der Eindruck vermittelt wird, ethisches Handeln sei wesentlicher Grundpfeiler und Entscheidungsgrundlage für das operative Handeln einer Firmen- oder Genossenschaftsgruppe.
Die Casino Austria AG betreibt in Österreich und weltweit Spielcasinos. In Österreich ist das Glücksspielgesetz der rechtliche Rahmen für die professionellen Zocker_innen. Hier wird nicht darüber befunden ob dies gut oder schlecht ist, ob überhaupt ein Zusammenhang zwischen der angeblichen Bauernselbsthilfeorganisation und dem Spielcasino bestehen sollte. Es geht um anderes: 2006 planten ÖVP und BZÖ eine Glücksspielgesetzesnovelle, die Ungünstiges für die Casino Austria AG bedeutet hätte. Wir waren damals bei den Gesprächen im Vorstandsbüro der Casino Austria AG nicht dabei und wissen nicht, ob die Chefs gesagt haben: «Wir pfeifen auf Good Governance, die Abgeordneten kaufen wir uns!» Jedenfalls brachte die geplante Glücksspielgesetzesnovelle keine Freude für die Manager_innen. Zum Glück gab es das BZÖ.
Im Eigentum des BZÖ stand damals die Werbeagentur «Orange». Üblicherweise sind Werbeagenturen für Werbung zuständig und erfinden flotte Sprüche, denken sich TV-Spots aus und entwickeln Kampagnen. «Trink Coca-Cola», «Kaufe den Augustin», «Wähle unsere Partei, denn wir stehlen nicht» oder Ähnliches wird dem Publikum dargeboten. Die Agentur «Orange» war besser und konnte mehr: Des Schreibens und Lesens mächtig gingen die Werber daran, Gutachten zu verfassen. Ja, richtige «Gutachten». Oder doch nicht richtige Gutachten, aber zumindest wertvollen Text. Wertvoll im Sinne von bezahlter Kohle. Jedenfalls bezahlte die Casino Austria AG an die BZÖ-Werbeagentur für ein siebenseitiges (ja, sieben Seiten) «Gutachten» 300.000 Euro. «Responsible Gaming» nannte sich das Werk. Im laufenden Parlaments-Untersuchungsausschuss betreffend Korruption konnte man hören, das Elaborat sei an einem Wochenende verfasst worden, und vornehmlich wurden aus dem Internet, das ja bekanntlich auch am Wochenende geöffnet hat, per Copy and Paste Textbausteine aneinandergefügt. Das Werk muss essenziell für die Geschäftsführung der CASAG gewesen sein, hätte sie doch ansonsten für den Text nicht 300.000 Euro auf den Spieltisch gelegt (andererseits ist das «Gutachten» bei den derzeit bezahlten Preisen ein echtes Schnäppchen; vermutlich bricht Herr Birnbacher jedes Gespräch über ein «Gutachten» zu diesem Preis ab).
Und Raiffeisen? Betrachten wir die Aktionärsstruktur der Casino Austria AG: Größter Aktionär mit 33,6 % ist die Medial Beteiligungs GmbH, deren größte Aktionäre wiederum die Leipnik-Lundenburger, Raiffeisen Österreich, die Donau Versicherung und die Uniqa Versicherungen AG sind. Also, die Giebelkreuzler sind als größter Aktionär an einem Unternehmen beteiligt, das es für in Ordnung befindet, an eine Werbeagentur im Eigentum einer im Parlament vertretenen Partei 300.000 Euro für einen siebenseitigen Text zu bezahlen, der «Gutachten» genannt wird. Hier jetzt das obligatorische Bla-bla: Es gilt die Unschuldsvermutung.
Anderes Thema, zwar unappetitlich, aber der Vollständigkeit halber: Die Casino Austria AG ist Gesellschafter des Wiener Kongresszentrums Hofburg und verdient ergo dessen am dort jährlich stattfindenden Burschenschaftlerball und liefert Erträge an die Aktionäre – womit wir wieder bei Raiffeisen sind.