Interview
Das DJ-Kollektiv Bad&Boujee legt seit 2017 auf Partys auf. Sie bringen Musik zum Tanzen, aber auch eine starke Vision mit.
Text & Interview: Imoan Kinshasa, Fotos: Abiona Esther Ojo
Bad&Boujee sind ein Schwarzes und rein weibliches DJ-Kollektiv. Das erste in Österreich, um genau zu sein. Dazu gehören die DJanes Enyonam, Elisabeth und Tonica, die in Wien wohnen, DJane Tanya aus Genf, und MC Tmnit aus Stuttgart, die rappt, Ansagen macht und das Publikum motiviert. 2017 wurde aus einer eigentlich privaten Geburtstagsfeier eine große Party. Darauf folgten zahlreiche Anfragen für Auftritte, und die Frauen gründeten gemeinsam Bad&Boujee. Zu dem Namen hat sie das gleichnamigen Lied von Rapper Migos inspiriert – Boujee kommt aus dem US-Amerikanischen, leitet sich von «Bourgeoisie» ab und bedeutet, dass man aufgestiegen ist, aber seine Wurzeln nicht vergisst. Auf den Partys in Wien tanzt eine große (junge) Crowd, aus der queeren und Schwarzen Szene. Die Feiern wollen barrierefrei sein, bringen neue zeitgenössische Musik in die Stadt und machen die starke Vision des Kollektivs spürbar. Enyonam und Elisabeth haben wir zum Interview im Volksgarten getroffen.
Was gibt es auf euren Partys zu hören?
Elisabeth: Quer durch die Bank, zum Beispiel Gqom, das ist südafrikanische Housemusik, auch Baile Funk, 90ies, Afrobeats …
Enyonam: Auch viel Ballroom Music wie Vogue, UK Garage, Footwork. Wir spielen sehr viel durchgemischt. Unsere Partys kommen gut an, weil für jeden etwas dabei ist zum Tanzen.
Was inspiriert euch?
Elisabeth: Viele andere Kollektive aus anderen Städten und Ländern, die ähnliche Ziele verfolgen. Aber auch Veranstaltungen, wie Pussy Palace oder Babes aus London.
Enyonam: Uns inspiriert an diesen Kollektiven, dass wir alle BIPOCs (Anm.: Abkürzung für Black, Indigenous und People of Color) sind, aus verschiedenen Teilen der Welt, mit unterschiedlichen Erfahrungen. Aber wir haben alle ein gemeinsames Ziel. Man lernt voneinander und tauscht sich aus.
Was ist eure Vision?
Enyonam: Alle queeren BIPOCs in Europa zu vereinen. Also Menschen mit verschiedenen Erfahrungen und einem gemeinsamen Struggle zusammenzubringen.
Wir wollen unsere Partys barrierefrei, für alle zugänglich und inklusiv machen, wir wollen, dass unsere Partys ein sicherer Raum sind. Unsere Vision ist, dass am Ende des Tages jeder, der das Bedürfnis nach einem Safe Space hat, auf eine Party kommen kann, wo es das gibt.
Elisabeth: Wir machen das nicht nur für uns selbst, sondern auch für viele andere Personen, die so aussehen wie wir, die sich vielleicht nicht trauen, zum Beispiel DJ zu sein, weil sie einfach nicht repräsentiert werden. Wenn das andere sehen, die wie wir sind, dann denken sie sich: Das können wir auch machen.
Du kannst tun, was du willst, auch wenns nicht gleich klappt, das sollte einem nicht im Weg stehen. Du hast es trotzdem versucht.
Wie ist es für euch, Schwarze Frauen in der Musikszene zu sein?
Enyonam: Es passiert die meiste Zeit, dass man als unterdrückte Schwarze Frau dargestellt wird. Als superarme Schwarze Frauen, die nur unter Weißen sind. Die Musikszene wird von weißen Männern dominiert, die sich nur gegenseitig ernst nehmen.
Wir wollen Menschen gute Musik näherbringen. Musik, die man in der Clubszene in Wien nicht findet.
Elisabeth: Es beginnt schon beim Soundcheck. Wenn etwas nicht funktioniert, heißt es: Wir haben keine Ahnung davon, weil wir Frauen sind. Wir müssen ruhig bleiben und das professionell klären, weil du nimmst dir selbst die Energie, die du da nicht reinstecken willst. Mit der Zeit bekommt man auch eine dicke Haut, sonst hätten wir schon längst aufhören können.
In welchen Clubs spielt ihr am liebsten und warum?
Enyonam: Wir spielen eher auf Veranstaltungen, die politisch sind, weil unsere Sets politisch sind. Wir sehen uns auch als politisches Statement: fünf Schwarze Frauen, die zusammen auflegen. Aber wir machen auch eigene Partys, die haben wir bisher immer im Fluc gemacht. Wir suchen derzeit nach zugänglicheren Locations.
Welchen Rat gebt ihr Menschen, die euren Weg einschlagen möchten?
Elisabeth: Ihr braucht kein teures Equipment. Ihr könnt gratis DJ-Programme aus dem Internet laden und spielen. Habt keine Angst davor, etwas zu starten. Wenn du es nicht probierst, kannst du nicht wissen, was dabei herauskommt.
Enyonam: Lass dir von niemandem einreden, dass du es nicht machen kannst. Glaub deinen Selbstzweifeln nicht. Gib dein Bestes, tu, was du kannst. Weiße Jungs werden immer da sein, weil sie das Geld und den Zugang haben. Aber du kannst genauso neben einem weißen Mann stehen und wissen, dass du es wert bist. Nimm dir den Raum und mach es besser.
Imoan Kinshasa ist kültüř-gemma!-Fellow beim AUGUSTIN