«Unsere Safes schweigen»tun & lassen

Raika und Bankgeheimnis: Das Dorf an der Grenze macht auf Wallstreet

«Wir schützen Ihre finanzielle Intimsphäre», «Diskretion wird bei uns weiter groß geschrieben», «Unsere Safes schweigen» – Die Marketingsprache grenznaher Raiffeisenbankstellen arbeitet mit Codes: Ziel sind deutsche und italienische Anleger, die ihr Geld nach Österreich bringen sollen. Wer zwischen den Zeilen liest, versteht: «Intimspäre», «Diskretion» etc. bedeutet schlicht und einfach die Möglichkeit der Steuerschonung.In Kleinwalsertal in Vorarlberg, wenige Kilometer von der Grenze entfernt, residiert eines der ertragreichsten Institute der Raiffeisenbankwelt: die Walser Privatbank AG. Bis vor Kurzem nannte sich der Geldtempel «Raiffeisenbank Kleinwalsertal» und war genossenschaftlich organisiert. 2010 erfolgte die Umbenennung, und eine Niederlassung in Deutschland mit Beratungsbüros in Düsseldorf und Stuttgart wurde errichtet. Um hier jedes Missverständnis auszuräumen: Das Institut arbeit völlig legal, fordert nicht zur Steuerhinterziehung auf, lässt aber unausgesprochen potenzielle Anleger wissen: In den Depots der Bank wächst Vermögen, das Bankgeheimnis kann vor Begehrlichkeiten des Fiskus schützen.

Möglich macht dies das österreichische Bankgeheimnis. Das Gesetz ist so gestaltet, dass nur bei Vorliegen von konkreten Verdachtsmomenten und exakter Dokumentation Daten weitergegeben werden dürfen und etwa Amtshilfe eines anderen statt geleistet wird. Die Kunden der Walser Privatbank AG sind überwiegend deutsche Staatsbürger, und diese werden genau wissen, ob sie die in Kleinwalsertal angelegten Summen korrekt versteuert haben oder nicht. Bei den Gesprächen mit den Beratern im schönen Vorarlberg wird dies kein Thema sein.

Nicht so groß dimensioniert wie die Bank in Kleiwalsertal, aber auch an der Grenze hier zu Italien gelegen, ist die Raiffeisenbank in Sillian in Osttirol. Damit sich jeder auskennt, wird das österreichische Bankgeheimnis auf der Website dieser örtlichen Raiffeisenkassa thematisiert:

«Das Bankgeheimnis ist im Bankwesengesetz (BWG) geregelt und als Verfassungsbestimmung stärker geschützt als sonstige Bundesgesetze. Eine Änderung ist nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat möglich. Auszug aus dem Bankwesengesetz (§ 38 Abs. 1):

‹Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen dürfen Geheimnisse, die ihnen ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindungen mit Kunden oder auf Grund des § 75 Abs. 3 anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten (Bankgeheimnis). Werden Organen von Behörden sowie der Österreichischen Nationalbank bei ihrer dienstlichen Tätigkeit Tatsachen bekannt, die dem Bankgeheimnis unterliegen, so haben sie das Bankgeheimnis als Amtsgeheimnis zu wahren, von dem sie nur in den Fällen des Abs. 2 entbunden werden dürfen. Die Geheimhaltungsverpflichtung gilt zeitlich unbegrenzt.›

Nur in gesetzlich geregelten Einzelfällen und unter Einhaltung strenger Verfahrensvorschriften kann das Bankgeheimnis aufgehoben werden

(§ 38 Abs. 2).»

Deutsche Sozialhilfe-Empfänger, denen regelmäßig ausgerichtet wird, jegliche Erhöhung der Unterstützungssätze sei völlig unmöglich, weil zu wenig Steuern fließen, werden sich über folgende, von Experten genannte Ziffern besonders freuen: Deutsche Privatpersonen haben derzeit in Österreich mehr als 7,3 Milliarden Euro gebunkert; werden die Summen der Unternehmungen und Stiftungen hinzugerechnet, kommt man auf über 20 Milliarden Euro – und es gibt deutsche Schätzungen, die von über 70 Milliarden gebunkertes Kapital in Österreich sprechen.

Das Bankhaus Jungholz, eine Zweigniederlassung der Raiffeisenbank Reutte, reg. Gen mbH, agiert im 300-Seelen-Dorf neben einer Volksbank und einer Sparkasse. Auch hier dasselbe Bild: Das Dorf an der Grenze macht auf Wallstreet. Insgesamt mehr als vier Milliarden Euro sind in den Instituten deponiert – der Fiskus in den Herkunftsländern der Einleger bleibt draußen. Wer Angst vor Bankmitarbeiter_innen mit einem Hang zum CD-Brennen und anschließendem Verkauf an deutsche Steuerbehörden hat, ist bei der Raiffeisenfiliale Bankhaus Jungholz besonders gut aufgehoben: Hier wird das «Goldfingerkonto» angeboten. Funktioniert so: Bei der Kontoeröffnung werden die Daten des Eigentümers nicht in das EDV-System der Bank eingegeben, sondern handschriftlich dokumentiert. Diese Daten kommen in den Safe und lediglich ein stark eingeschränkter Kreis, in der Regel die Chefs, hat Zugang. Auch hier alles korrekt, mit einer Hilfe zum Steuerhinterziehung zu Lasten der Bürger des Herkunftslandes des Einlegers hat alles nichts zu tun. Der Hautgout bleibt, um die Jägersprache – der Raiffeisenwelt nicht fremd – zu nutzen.

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