Unterm Strich – ein Jahrmarkt der EitelkeitenDichter Innenteil

Aus der KulturPASSage

Ich habe 1984 an der HTL in der Argentinierstraße mit gutem Erfolg maturiert. Obwohl ich diese fünf Jahre, auch wegen toller Mitschüler und Lehrer, enorm genossen habe, kam unser letztes Klassentreffen 1992 zustande. So wie mich persönlich mein Weg als Ingenieur bis zur Wohnungslosigkeit geführt hat, würde mich brennend interessieren, wie es all den anderen auf ihrem Lebensweg ergangen ist und, wie viel sie überhaupt zugeben würden bei unangenehmen Entwicklungen.

Foto: © Anna Stöcher

«In der Mitte meines Lebens fand ich mich wieder, dort in einem dunklen Wald.» Dieses Zitat aus Dante Alighieris Göttlicher Komödie nimmt William Makepeace Thackeray zum Auftakt seines Jahrmarkt der Eitelkeit. Er zeigt darin verschiedenste Charaktere, welche sich bei einem Klassentreffen nach 27 Jahren besonders stark ausgeprägt präsentieren.

Es wird im Laufe der Handlung allmählich klar, dass ihre Erzählungen von beruflichen und privaten Heldentaten mehr Schein als Sein sind. Alle sind überrascht, dass gerade der ungeliebte Mitschüler, der von allen gehänselt wurde, die Karriereleiter hinaufgeklettert ist. Hingegen ist die beliebte, attraktive Kollegin aus einer reichen Familie vollkommen abgestürzt.

Margit Mezgolich hat vermutlich deshalb zum Urtitel noch UNTERM STRICH hinzugefügt und hat diese sehr ernsthafte Thematik äußerst unterhaltsam, beinahe komödiantisch inszeniert. Sie spielt überzeugend mit den Masken, die sich Menschen immer wieder aufsetzen und natürlich mit ihren Eitelkeiten. Auch zeigt uns Margit Mezgolich schonungslos betrügerische Verwicklungen und Machtspiele, welche manchmal sogar die Liebe nur zu hemmungloser Unterwerfung werden lässt. Aber genau diese rücksichtslosen Typen sind dann die «Sieger in diesem Spiel». Durch eine Atmosphäre wie auf einem Rummelplatz, auf einem Jahrmarkt, wird dem Zuschauer vor Augen geführt, wie nahe beieinander das dekadente Treiben im Kapitalismus und die Verrohung, aber auch der Absturz in Armut und Einsamkeit liegt. Rivalität, Geltungsdrang, Misstrauen sind ständig zu spüren, sobald mehrere Menschen zusammen auf der Bühne sind. Lernt man diese Personen alleine kennen, zeigen sie eher Unsicherheit, oder aber den Wunsch nach Macht auf Kosten anderer.

Das fantastische Ensemble des TAG – Theater an der Gumpendorfer Straße – hält uns in köstlicher Art und Weise einen Spiegel vor und unterhält uns spielerisch ausgelassen mit den kleinen Sticheleien und Kränkungen des Alltags. Viele gescheiterte Existenzen leben nur in der Vergangenheit und erzählen daher nur von ihren Erinnerungen. In flotten Abläufen erleben wir gespielte Heiterkeit, angebliche Kränkungen durch Spott oder alten Geschehnissen. Vorwürfe werden gemacht, um von eigenen Fehlern abzulenken. Teilweise bilden sich auch neue Allianzen. Gesangseinlagen und Luftballons bzw. Auftritte von Marktschreiern untermauern dieses bunte Jahrmarktstreiben mit all seinen verschiedenen Charaktertypen.

Am Ende denke ich mir, dass in dieser Klasse keine echten Freundschaften entstanden sind. Ein echter Freund würde sich mit dem anderen freuen und niemals neidisch sein. Aber leider spiegelt es die heutige Gesellschaft sehr authentisch. Auf der anderen Seite, ist es nicht in dieser heutigen Zeit umso wichtiger, einen echten Freund zu haben?

Ich habe diesen Abend sehr genossen und habe mich köstlich amüsiert, obwohl ich vieles aus meinem Werdegang wiedererkannt habe.

INFO: Unterm Strich – Ein Jahrmarkt der Eitelkeit

Vorstellungen: 8., 10., 11. Dezember

Beginn: 20 Uhr

www.dastag.at

 

Die Aktion «Hunger auf Kunst & Kultur» ermöglicht Menschen, die

finanziell weniger gut gestellt sind, mittels Kulturpass Kulturveranstaltungen

und Kultureinrichtungen bei freiem Eintritt zu besuchen.

www.hungeraufkunstundkultur.at