Unternehmer und Unternommenetun & lassen

Das Treiben der Arbeitskräfteüberlasser

So mancher Arbeitssuchende wundert sich, weshalb er beim AMS mit «Kunde» angesprochen wird. Will eine Kundin, ein Kunde doch in der Regel ein Produkt oder eine Diensleistung kaufen, die Menschen beim AMS hingegen eine Arbeit finden. Weshalb der Begriff «Kundin» oder «Kunde» in seiner zynischen Variante passt, erhellt sich, wenn das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlasser beleuchtet wird.

Illu: Much 

Mehr als 1080 aktive Arbeitskräfteüberlasser gibt es in Österreich. Ein sperriger Begriff, er steht für Synonyme wie «Personalleasingfirmen» und Ähnliches. Das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlasser ist nicht zu verwechseln mit Arbeitsvermittlern. Das ist eine andere Baustelle, da werden Arbeitskräfte vermittelt und von den Firmen, bei denen gearbeitet wird, direkt angestellt. Arbeitskräfteüberlassungsfirmen stellen Mitarbeiter_innen an und überlassen diese anderen Firmen, die diese Arbeitskräfte benötigen. Klingt praktikabel und harmlos – ist aber eine brandgefährliche Sache in Sachen Arbeitnehmerrechte.

Dreiecksverhältnis Überlasser – Werktätiger – Beschäftiger

Von seiten der Gewerkschaft ProGe werden als größte Problemfelder im Umgang mit Arbeitskräfteüberlassungsfirmen die regelmäßig stattfindenden Falscheinstufungen von Werktätigen und die Versuche, Probezeiten zu umgehen, genannt. Die Falscheinstufungen kosten den Lohnabhängigen viel Geld, denn Fehler wirken sich in 99,9 % der Fälle zu Ungunsten der Mitarbeiter_innen aus, die einfach weniger bezahlt bekommen, als ihnen zustünde. Günstig ist diese Vorgangsweise sowohl für Arbeitskräfteüberlasser, die dadurch kostengünstiger anbieten können, als auch für die Beschäftiger, die so zu billigen Arbeitkräften kommen und sich dadurch konkret Geld ersparen. Probates Mittel gegen diese Vorgangsweise wären entsprechende Kontrollen und spürbare Strafen. Aber nicht nur das, vielmehr sei auch das kontinuierliche Aufzeigen dieser Mißstände laut Gewerkschaft GePro nötig. Im Gegensatz zu den gültigen Normen des Arbeitsrechtes stehen die zahlreichen Versuche von Arbeitskräfteüberlassungsfirmen, Probezeiten und/oder Fristen bei Kündigungen zu umgehen. Derartige Versuche werden von Unternehmensseite gerne mit gehaltvoll klingenden Begriffen wie «Flexibilisierung» ausgestattet, bedeuten in Tat und Wahrheit jedoch lediglich das Ansinnen, Werktätigen Lohnzahlungen zu kürzen. Ebenso ist bei diesen Vorgängen zu erkennen, dass gesetzliche Regelungen, die zugunsten der Werktätigen wirken, ausgehebelt werden sollen. Die Reise soll damit ein Stück näher zum System «hire and fire» führen.

Das Geschäftsmodell der Arbeitskräfteüberlasser_innen ist simpel: Arbeitskräfte zu liefern und an der Ware Arbeitskraft Geld zu verdienen. Der Gewinn liegt in jenen Summen, die Beschäftiger den Arbeitskräfteüberlassern bezahlen und die höher sind, als jene Summen, die Werktätige von ihrem Überlasser als Lohn erhalten. So einfach ist das Modell. Für Unternehmer liegt der Vorteil u. a. in der oben beschriebenen «Flexibilisierung». Vielfach werden Mitarbeiter_innen mit der Perspektive einer künftigen Anstellung direkt beim Beschäftiger geködert, ungüstigen Konditionen bei Bezahlung und sonstigem zuzustimmen. Erfahrungsgemäß wird lediglich ein verschwindend geringer Bruchteil jener Menschen, die per Arbeitskräfteüberlasser arbeiten, von den Beschäftigern übernommen.

Wie gut das Geschäft läuft, zeigen Ziffern des AMS: Rund 97.000 Positionen wurden 2015 von Arbeitskräfteüberlassern dem AMS zur Vermittlung angeboten. Und da kommt wieder die Sache mit der Anrede «Kundin, Kunde» ins Spiel: die «Kund_innen» kaufen mit einem Teil ihres Lohnes, der an den Überlasser geht, ihren Arbeitsplatz. Auch die alten Begriffe «Arbeitnehmer» und «Arbeitgeber», die immer schon die Verhältnisse von den Beinen auf den Kopf gestellt haben, funktionieren im Dreiecksverhältnis Überlasser – Werktätiger – Beschäftiger nicht mehr. Der Überlasser nimmt die Arbeit der Werktätigen und gibt sie dem Beschäftiger.

Der deutsche Philosoph Ernst Bloch sprach von «Unternehmern und Unternommenen».