Vergiftete Zuckerltun & lassen

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Wir hätten uns alle eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes gewünscht, aber jetzt muss zumindest sichergestellt werden, dass die Corona-Einmalzahlung für Arbeitslose bei den Betroffenen ankommt. Gesetzlich ist es möglich und geboten, dass das Geld nicht von den Sozialhilfegesetzen der Länder geschluckt wird — und damit den betroffenen Männern, Frauen und Kindern nicht zur Verfügung steht.
Worum geht es? Es wäre gescheit gewesen, die Arbeitslosenleistungen zu erhöhen, weil die geringe Nettoersatzrate viele in echte Existenzprobleme treibt. Österreich liegt da eher im unteren Bereich europaweit. Aufpassen muss man bei Vorschlägen, die ein erhöhtes Arbeitslosengeld fordern, aber im Kleingedruckten die Leistungen nach einigen Monaten massiv absenken wollen und mit der Abschaffung der Notstandshilfe verbinden. Das ist ein vergiftetes Zuckerl, das uns Hartz-IV-Systeme beschert mit all ihren schädlichen Folgen.
Nun gibt es jetzt diese beschlossenen 450 Euro. Und was nicht geht, ist, dass sich die Bundesländer das Geld einfach einziehen, statt es den Betroffenen zukommen zu lassen. Das Bundesgesetz hat die Einmalzahlung für Arbeitslose einem bestimmten Zweck gewidmet, nämlich als «zusätzliche Maßnahmen zur Abfederung von sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise». Der Landesgesetzgeber darf zwar einen Teil der Notstandshilfe oder des Arbeitslosengeldes einkassieren, weil es wie die Mindestsicherung der Deckung des allgemeinen Lebensunterhalts dient. Hingegen muss die Anrechnung der Corona-Einmalzahlung unterbleiben, weil es einem anderen Zweck, nämlich der Abfederung der Coronakrise gewidmet ist. Diese ist gesetzlich als Sonderbedarf zu werten.
Der Hintergrund: Mehr als die Hälfte der Familien mit Kindern (57 Prozent) in der Mindestsicherung haben Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Das weist auf Working Poor und prekäre Arbeit hin. Aus prekären oder zu gering bezahlten Jobs folgt ein nicht-existenzsicherndes Arbeitslosengeld. Wer sein Leben lang in prekären Jobs arbeitet, wird keine existenzsichernde Pension zusammenbekommen, das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe sind so gering, dass man im Falle von Jobverlust davon keinen Tag überleben kann. Die neuen Working Poor erhalten von der Mindestsicherung Aufstockung, um zu überleben. Working Poor, prekäre Arbeit, zu niedrige Arbeitslosenleistungen – das ist das große verschwiegene Thema in der Debatte. An vielen Stellen bricht es jetzt in der Coronakrise durch, wenn wir an die Postverteilerzentren, Erntehelfer_innen, Fleischfabriken, Paketzusteller_innen, Bauarbeiter und Ich-Ags denken.
Ein ähnliches Problem stellt der vor über einem Monat im Parlament beschlossene erweiterte Familienhärtefonds dar. Ob da Kinder in der Sozialhilfe Unterstützung bekommen, ist nach wie vor unklar. Der Familienministerin ist offensichtlich nicht klar, dass sie für alle Kinder zuständig ist, auch für diejenigen aus den ökonomisch schwächsten Haushalten.
Die Moral von der Geschicht’: Insgesamt braucht es mehr sozialstaatliche Antworten auf die in der Krise wachsende Ungleichheit. Keine Bittsteller_innenfonds, sondern Maßnahmen, auf die man ein Recht hat, die nachhaltig wirken und die mehr als zufällig die Betroffenen erreichen. 

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