Andi

«Mein Sohn soll alles haben, was ich ihm geben kann»

In Lokalen unterwegs

Ich bin mit 18 Jahren zum Augustin gekommen, jetzt werde ich bald 26. Am Anfang war es schwer. Ich bin nicht jemand, der auf Menschen zugeht und etwas verkauft. Ein Freund hat es mich dann gelehrt – in Lokale gehen und Sprüche machen. Er sagte: Sonst hast auch die Pappn offen, probier’s. Ich hab’s also probiert, und es hat mir getaugt. Ich verkaufe nur ab und zu, so von Oktober bis Dezember. Normalerweise arbeite ich im Sicherheitsdienst, zurzeit aber auf der Baustelle. Jobs habe ich immer gehabt, aber fallweise eben auch nicht.

Ursprünglich bin ich aus Wien, aufgewachsen die meiste Zeit aber in der Nähe von Nürnberg. Irgendwann wollte ich wieder zurück. Dann habe ich ehrenamtlich bei der Rettung angefangen, habe alle Prüfungen gemacht bis zum Notfallsanitäter.

Jetzt bin ich wieder bei der freiwilligen Feuerwehr aktiv. Mittlerweile als Hauptfeuerwehrmann. Ich sehe das als Herausforderung und mache es gratis, weil ich finde, ich muss der Gesellschaft etwas zurückgeben. Viele Leute haben auch mir geholfen. So habe ich auch meine jetzigen Eltern kennengelernt. Die waren auf der Straße wie ich und haben mich adoptiert. Mein Vater sagt zu mir heute noch «mein Straßenjunge». Ich habe ihn oft mit dem Krankentransport geführt, darum kennen wir uns.

Insgesamt habe ich sechs Jahre auf der Straße gelebt. Ein Jahr hatte ich eine Gemeindewohnung, die habe ich verloren. Eine eigene Wohnung möchte ich schon, ich gehe rein, sperre auf und kann machen, was ich will. Aber trotz Job ist es schwierig, etwas zu finden, das kostet einfach zu viel. Beim Augustin spiele ich auch Tischtennis. Das mache ich sehr gerne und habe über einen Freund, der auch hier war, die Feinheiten ausgeschliffen. Und ich komme zum Internetsurfen. Früher habe ich mit einem Freund zusammen auch selber Computerspiele erstellt, aber die Rechner hier sind Mittelalter für solche Sachen. Aus Wien will ich eigentlich wieder weg, aber jetzt kriege ich ein Kind, einen Sohn. Ich wollte unbedingt einen Sohn. Aber nicht weil ich keine Mädchen mag, sondern weil ich das Bedürfnis habe, bei ihm etwas gutzumachen, was bei mir nicht funktioniert hat. Ich kannte kein Familienleben. Er soll alles haben, was ich ihm geben kann. Egal was ich mache, Hauptsache, es geht ihm gut. Wenn das Unmögliche passieren würde und ich den Jackpot knacke, dann würde ich ein Schloss kaufen. Dort wohnen nur Hunde. Es gibt eine eigene Zucht und daneben Tierschutzhunde. Die Leute können kommen und sich um die Tiere kümmern. Und Musik will ich wieder machen. Ich habe viel gerappt, mittlerweile schreibe ich nur die Texte. Ich erzähle darin von meinem Leben, darum hieß das erste Album auch: «Die Symphonie der Straße». Aber es ist nie erschienen. Meine Texte poste ich auf Facebook, und wenn ich mal genug Geld habe, kommt die CD raus. Aber generell will ich einfach eine gscheite Hackn, damit mein Sohn in einer stabilen Familie aufwächst und mein Hund alles hat. Mehr brauche ich nicht.

Foto: Mario Lang

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