Der König vom Kardinal-Nagl-Platz
Kardinal-Nagl-Platz
Ich verkaufe den AUGUSTIN seit fast zehn Jahren, am Kardinal-Nagl-Platz. Damals bin ich aus Kamerun nach Österreich gekommen. Ich verkaufe sehr gerne. Für mich ist es ein Mittel, mit den Menschen in Kontakt zu treten und ein gutes Leben zu führen. Ich spreche viel mit den Leuten. Als Straßenzeitungsverkäufer muss man freundlich sein und seinen Job auch mögen.
Foto: Ruth Weismann
Wenn ich nicht arbeite, bin ich oft zu Hause und lese. Ich lese gerne Bücher, die mich verändern können, die mir ein gutes Verständnis des Lebens geben können. Ich treffe aber auch gerne Freunde und gehe ab und zu in die Kirche. Ich mache Sachen, die mir guttun. Ich bin mir selbst der beste Freund.
Wenn du nicht dein bester Freund bist, dann können dich Leute leichter verärgern. Wenn du dich selbst nicht magst, wirst du versuchen, dein Leben zu zerstören. Ohne dass man sich selbst der beste Freund ist, kann man nicht gut existieren. Jeden Morgen sollte man sich selber anlächeln. Wir haben nur ein Leben, aber wir haben so oft eine Maske auf und geben vor, etwas zu sein, was wir nicht sind. Ich versuche eine gute Person zu sein, zu mir selbst und zu anderen. Du bist dein eigener innerer Spirit.
Die Leute nennen mich den König vom Kardinal-Nagl-Platz. Viele kennen mich, wir unterhalten uns. Die Welt ist ein kleines Dorf. Wenn wir nicht gut zu anderen sind, dann ist das dumm. Und was in mir ist, kann ich auch geben. Ich grüße alle, auch die, die nichts kaufen. Einen Mann zum Beispiel habe ich immer gegrüßt, er aber ist nur vorbeigegangen. Eines Tages hat er doch eine Zeitung gekauft, und jetzt ist er einer meiner besten Freunde. Durch den AUGUSTIN bin ich jemand und habe guten Kontakt zu den Menschen. Wenn ich nicht am Kardinal-Nagl-Platz bin, existiert er quasi nicht, ha ha.
Im Winter ist das Verkaufen natürlich schwieriger, wenn man in der Kälte draußen steht. Einem Freund bin ich sehr dankbar, einem Österreicher, er hat mir geholfen. Er hat mir Schuheinlagen gekauft, die eine batteriebetriebene Heizung haben. Das wärmt gut. Er hat mir schon zwei Mal welche gekauft. Mir haben auch andere Menschen hier in Österreich schon viel geholfen, dafür danke ich ihnen. Ich möchte hier an dieser Stelle auch alle meine Freunde grüßen, ich liebe die Leute, das Land, und ich liebe das gesamte Universum.
Protokoll: Ruth Weismann