Lucky

«Ich bin mein eigener Chef»

Schwedenplatz

Ich arbeite beim AUGUSTIN seit ungefähr zehn Jahren. Es ist das Beste, was ich in Österreich als Flüchtling machen kann.

Denn ich kam als Flüchtling nach Österreich. Dann ging ich zum Gericht, und habe meinen Fall gewonnen. Aber ich spreche nicht gut Deutsch. AUGUSTIN-Verkäufer zu sein, das mache ich nicht einfach irgendwie, ich mache es wie ein Business. Es ist mein Beruf. Es ist die beste Zeitung, und die Leute reden darüber, das höre ich von meinen Kund_innen. Mit dem AUGUSTIN lernst du auch viele Leute kennen, und viele Leute kennen dich. Und du verdienst Geld. Ich verkaufe am Schwedenplatz, ich liebe die Leute, und die Leute lieben mich. Wenn man die Zeitung verkaufen kann, dann muss man nicht ständig darüber nachdenken, wie man Essen bekommt und so weiter. Man muss nicht betteln. Ich bin mein eigener Chef. Etwas anderes arbeiten kann ich nicht, ich bin krank.

Ich bin in Nigeria geboren und aufgewachsen. Aufgrund verschiedener Umstände musste ich das Land verlassen. Ich habe alles zurückgelassen, auch meinen Sohn, der dort lebt. Ich habe aber Kontakt zu ihm, er hat gerade die Schule abgeschlossen. Ich habe meine Mutter, Brüder und Schwestern dort. Aber ich möchte nicht über meine Vergangenheit reden, das macht mich traurig. Ich möchte in der Gegenwart leben. Als ich herkam, habe ich um Asyl angesucht. Ich bin froh, dass ich einen Aufenthaltstitel habe und hier leben kann. Was ich im Leben brauche, habe ich hier gefunden.

In meiner Freizeit singe ich, ich bin eigentlich Sänger von Beruf. Ich singe Reggae. High Life. Allerdings bin ich ein schlechter Tänzer. Aber ich muss auch nicht in Clubs gehen. Leute fragen mich manchmal, ob ich der DJ sein will. Aber ich möchte nicht wirklich. Ich kenne die Musik, und die Musik kennt mich, ich bin ok. Ich sitze gerne im Park vor dem Haus, in dem ich wohne, und höre Musik. Das ist mein Leben.

Protokoll und Foto: Ruth Weismann

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