«Mein Lieblingsmaler ist Leonardo da Vinci»
1. Bezirk und auf Festen
Heuer sind es genau 20 Jahre, dass ich beim Augustin bin. Dazu gekommen bin ich durch meinen Bruder Romeo, der leider schon gestorben ist, und den Amer Fredi (Augustiner in Nr. 395, August 2015, Anm.).
Ich verkaufe im ersten Bezirk und auf Festen wie dem Weinfest in Neustift am Walde. Früher habe ich in der Shopping City verkauft, aber da hat mich ein Sicherheitsdienst vertrieben, seitdem verkaufe ich wieder am Graben. Dort bin ich mit dem Sicherheitsdienst befreundet und mit den Julius-Meinl-Verkäuferinnen, wir quatschen miteinander. Jeder kennt mich dort.
Zu mir kommt oft ein Polizist, der kennt mich schon und weiß, dass ich ein Augustin-Verkäufer bin, der verlangt von mir jedes Mal einen Ausweis und sagt: Das ist für die Statistik. Sonst lässt er mich in Ruhe. Eine Bekannte von mir, die verkauft auch den Augustin, und weil sie ihn anbietet mit den Worten: Augustin, Augustin – eh nicht laut – bekommt sie eine Anzeige wegen Ruhestörung. Das verstehe ich nicht, und das sind gleich 100 Euro.
Ich bin ein Flüchtlingskind. Mein Vater ist über den damals verminten Eisernen Vorhang geflohen und durch die Donau geschwommen. Wäre ihm das nicht gelungen, gäbe es mich nicht. Wie kann ich da gegen Menschen sein, die vor Krieg und Gewalt flüchten.
Früher war ich Maurer. Aus Krankheitsgründen bin ich in Pension gegangen, leider. Während meiner Lehrzeit haben wir im WUK die Keller saniert. Da wurden schallgeschützte Proberäume eingerichtet, die man dann ganz billig mieten konnte. Zu der Zeit haben sie einen James-Bond-Film in der Währinger Straße gedreht. Das hab ich mir live gegeben. Den Bond hat damals der Timothy Dalton gespielt.
In meiner Freizeit besuche ich Freunde, Bekannte. Mein älterer Bruder kommt mich hin und wieder besuchen. Ins Kino würde ich gern gehen, wenn es nicht so teuer wäre. Mit dem Kulturpass kommt man leider nicht in alle Kinos, jedenfalls nicht in die, wo sie die neuesten Filme zeigen, einen guten Actionfilm zum Beispiel. Aber ich gehe ins Kunsthistorische oder Naturhistorische Museum oder im Prater ins Wachsfigurenkabinett, auch in die Kaisergruft oder in die Hofburg. Ich bin eher kulturinteressiert. Mein Lieblingsmaler ist Leonardo da Vinci. Der gefällt mir am besten. Er hat sogar ein Fluggerät erfunden, das hat man sich früher im Technischen Museum anschauen können.
Wenn möglich gehe ich auch zum Stammtisch der Augustin-Verkäufer_innen. Mich interessiert das. Weil ich will ja mit Vorschlägen etwas beitragen, damit der Augustin besser wird, man kann sich mit anderen Verkäufer_innen austauschen. Und Evi (Rohrmoser, macht Administration und Sozialarbeit beim Augustin, Anm.) berichtet, was so beim Augustin geplant ist.
Ich wünsche mir, dass es den Augustin noch mindestens weitere 20 Jahre gibt, weil es Leute gibt, die ihn wirklich brauchen und viele, die sich engagieren.