Juliet

«Die Leute helfen gern»

Währingerstraße

Warum ich den Augustin verkaufe? Ich verkaufe den Augustin, um mir selbst zu helfen. Denn es ist nicht gut zu betteln. Ich liebe es, den Augustin zu verkaufen.

Mein Verkaufsplatz ist in der Währinger Straße, bei der U-Bahn-Station. Die Leute dort sind so nett. Sie sagen «Hallo!» und «Wow, ist das der neue Augustin? Ich muss ihn kaufen». Sie mögen den Augustin, sie sind interessiert daran. Sie fragen mich auch: «Wie heißen Sie? Wo wohnen Sie? Von wo kommen Sie?» Wenn man beim Verkaufen lacht, mögen das die Menschen. Jemand, der so ist (setzt einen grimmigen Gesichtsausdruck auf) – nein, das geht nicht.

Ich bin so froh, wenn ich den Augustin verkaufe, weil ich dann Menschen treffe. Dann mach ich mir keine Sorgen, dann bin ich glücklich. Die Leute helfen sehr gern. Sie fragen: «Hast du schon gegessen? Magst du einen Kaffee?» Und ich lerne Deutsch von ihnen. Sie bringen es mir gern bei. Wenn ich auf jemanden Unfreundlichen treffe, dann denke ich, vielleicht hat er oder sie ein Problem oder ist krank im Kopf. Es gibt auch Leute, die sagen: Du störst. Geh zurück nach Afrika! Eines Tages bin ich auf meinem Verkaufsplatz und sage zu den Leuten, die vorbeigehen: «Hello, Grüß Gott. Augustin!» Und ein Mann macht so (zeigt eine heftig abwehrende Armbewegung) und reißt mir die Zeitung aus der Hand und wirft sie auf den Boden. Ich war schockiert und sage zu mir selbst: Vielleicht ist er nicht normal. Ich bin ruhig geblieben, habe ihn einfach gehen lassen und habe meine Zeitung vom Boden aufgehoben. Ich habe nicht gestritten.

In Österreich bin ich seit 2013, immer in Wien. Ob das Leben hier teuer ist? Es ist o. k. Wenn man etwas tut, ist es gut. Wenn man nichts macht, ist es nicht gut. Es ist dann schwer, am Morgen aufzustehen.

Ich bin aus Nigeria. Aus dem Bundesstaat Osun. Das ist Yoruba-Land. Yoruba, Ibo, Haussa, Ful und andere sind Bevölkerungsgruppen in Nigeria. Alle sprechen auch Englisch, wir lernen es in der Schule. Deutsch spreche ich nur ein bisschen. Es ist schwierig. Kinder lernen Sprachen so schnell. Meine beiden Buben sind acht Jahre alt und der jüngere zwei Monate. Ich hoffe, dass meine Kinder gut in der Schule sind und dass sie, wenn sie erwachsen sind, gute Jobs machen können.

Ich finde, die Augustin-Leute, die Organisation, die helfen Menschen wirklich. Augustin soll weiterhin Leuten helfen. Das macht Leute glücklich. Das ist sehr gut.

Foto: Mario Lang 

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