Steven

Augustinverkäufer Stevie

Mein Job ist es, zu kreieren

Biedermannsdorf

Ich bin 2008 von Nigeria nach ­Österreich geflohen. Die Umstände dort sind sehr hart. Menschen sterben jeden Tag, es ist schon normal geworden. Wenn du Menschen­rechte haben willst, brauchst du Geld. Boku Haram sind überall. Um wegzukommen, musst du einen Plan entwickeln. Du hast Glück, wenn du einen Ort findest, wo du deine ­Familie hinbringen kannst. Meine Frau habe ich in Wien kennengelernt. Wir ­haben drei ­Kinder und wohnen in Wien Meidling. Ich verkaufe den Augustin ­außerhalb, in Bieder­mannsdorf. Ich habe versucht in Wien zu verkaufen, aber ich habe so oft Freund:innen getroffen, dass ich von der Arbeit abgelenkt war.
Viele kennen mich von meinem YouTube-­Kanal «Steve Wide Comedy». Ich habe ihn letztes Jahr gestartet. Die Idee begann zuhause in Nigeria: Ich habe mich schon lange für Unter­haltung interessiert. Als ich aufgewachsen bin, wollte ich eigentlich in Richtung Musik gehen, aber Afrika ist nicht wie ­Europa. Ich habe ­angefangen, als Schauspieler bei ­einer Enter­tainment-Firma zu arbeiten. Weil man dort nicht so oft angefragt wurde, habe ich ­beschlossen, Comedian zu werden. Noch ­immer würde ich nebenher gern ein Album aufnehmen, aber als Anfänger sehe ich keine Möglichkeit, ins Studio zu gehen.
Mein Freund ist Musiker und mein Vorbild: Wenn ich eine Idee habe, rufe ich ihn an und singe etwas ein, dann arbeitet er daran. Ich kenne ihn schon sehr lange. Er ist der Pate von meinem Sohn – wir sind wie eine Familie. Er hat mir auch beigebracht, wie man Filme schneidet und bearbeitet. Ich filme selbst, mit Handy und Stativ. Ich improvisiere die Szenen, gebe Anweisungen. Die Ideen kommen im Schlaf, im Bus, manchmal sogar auf meinem Verkaufsplatz. Wenn ich nicht Augustin verkaufe, drehe ich ­Videos und schneide sie dann nachts, wenn die Kinder schlafen. Die meisten Videos sind auf Pidgin-­English, aber ich versuche auch Englisch zu verwenden und Untertitel einzufügen, damit mehr Leute sie verstehen. Ich ­arbeite noch daran, so hohe Zuschauer­zahlen zu bekommen, dass ich damit Geld verdienen kann. Was es leichter macht, ist, dass meine Frau die Kommunikation übernimmt. Sie ist meine Mana­gerin; mein Job ist es, zu kreieren. Aber die Kinder sind ­meine härteste ­Arbeit. Ich will sie gut aufwachsen sehen. Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich mit Musik und ­Comedy mein Geld verdienen. Wenn ich ein Einkommen habe, möchte ich eine gute ­Kamera, Schauspieler:innen bezahlen und ­meine ­eigene Firma gründen.

Foto: Carolina Frank

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