Verlogenes Wirtun & lassen

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Wir müssen den Gürtel enger schnallen, sagt der Chef der Erste Bank. Wir müssen alle einen Beitrag leisten, sagt der Finanzminister. Wir müssen Opfer bringen, raunt der Chefredakteur.

In den letzten Jahrzehnten entwickelte sich die Gewinnquote am Volkseinkommen prächtig nach oben, die Lohnquote grundelte im unteren Bereich dahin. Die Erwerbseinkommen gingen zwischen oben und unten massiv auseinander. Die Geldvermögen noch viel stärker.

Und jetzt drohen aufgrund der Defizite Sparpakete, die das Finanzdesaster in die öffentlichen Haushalte schlägt. Untere Einkommen müssen so doppelt für die Finanzkrise zahlen: zuerst als Leidtragende von Arbeitslosigkeit und Armut, und dann als Opfer von Sparpaketen bei Gesundheit, Bildung und Sozialem. Nicht auf unserem Rücken, warnten Armutsbetroffene letzte Woche davor, dass immer mehr Menschen für das Desaster der Finanzkrise zweifach draufzahlen. Am Wiener Graben zwischen Luxusgeschäften und Großbanken machten Erwerbslose, VerkäuferInnen von Straßenzeitungen, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderungen und Flüchtlinge auf ihre Situation aufmerksam. Es ist genug da für die Bedürfnisse aller, aber nicht für jedes Einzelnen Gier, forderten sie in Anlehnung an ein Zitat Gandhis Mehr sozialen Ausgleich und eine faire Verteilung des Reichtums in Österreich.

Es geht um sozialen Ausgleich. Und es geht um Investitionen statt um Sparen. Die Konjunkturprogramme sind in Europa im Verhältnis zu Amerika viel zu gering. Da gibt es noch Handlungsspielraum. Besonders darin, konzertiert und mehr vom Richtigen zu tun, wie Investitionen in die Zukunftssektoren sozialer Dienstleistungen oder Bildung und nicht nur in die Autoindustrie. Finnland lag 1989 darnieder. Und entschied sich für Investitionen in Sozialdienstleistungen von Pflege bis Kinderbetreuung und für eine Reform des Schulsystems. Die Ergebnisse sind bekannt. In den österreichischen Konjunkturpaketen kommen hingegen die blinden Flecken von Herrn Keynes zum Tragen: kein Blick für Armut und für den sozialen Dienstleistungssektor.

Investitionen, die offensiv den Folgen des Finanzdesasters trotzen, müssen sich nicht allein über Staatsdefizite tragen, sondern können über Steuern auf die großen Vermögen gegenfinanziert werden. Wir müssen alle einen Beitrag leisten, sagt der Bankchef und der Finanzminister. Ja, das wäre an der Zeit. Vermögenssteuern auf EU-Niveau bringen mindestens drei Milliarden, Erbschafts- und Schenkungssteuer 150 Millionen, Stiftungsprivilegien beseitigen ergibt mindestens 300 Millionen. Weiters gibt es in Österreich keine Börsenumsatzsteuer und keine Kapitalertragssteuer auf Aktien.

Das wären Beiträge für weniger Arbeitslosigkeit und Armut: (1) ein drittes Konjunkturpaket im Dienstleistungssektor und die Erhöhung der Kaufkraft über Armutsbekämpfung im untersten Einkommensviertel, (2) Steuerbeitrag der Vermögenden für Stabilität und sozialen Frieden und (3) ein Finanzpaket zur Regulierung der Finanzmärkte.

Das verlogene Wir hingegen bringt in der jetzigen Situation bloß, wie es Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman formuliert: Sozialismus für die die Reichen und Kapitalismus für die Armen.

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