Eine Grünfläche in der Venediger Au soll einer Sporthalle weichen. Auf Kritik stößt die intransparente Entscheidung bezüglich Standort und die Versiegelung der Wiese.
Text: Christof Mackinger
Illustration: Much
«Ich bedauere, dass ich Ihnen derzeit leider nicht mehr dazu sagen kann», schrieb die Sprecherin der Magistratsabteilung 51 auf Anfrage des Augustin Ende vergangenen Jahres. «Es wird aber im Dezember sicher noch eine Entscheidung fallen.» Das Sportamt Wien, MA 51, ging in der Vorweihnachtszeit in sich. Man steckte im kleinsten Kreis die Köpfe zusammen, um einen neuen Standort für die Sport&Fun-Halle zu finden. Eine Halle, in der Wiener_innen günstige Sportmöglichkeiten geboten werden. Badminton, Basketball, Fußball, Volleyball, Tischtennis und Co. Sport&Fun gibt’s derzeit an vier Standorten in Wien. Einer davon, jener neben dem Ferry-Dusika-Stadion in Wien-Leopoldstadt, muss dem geplanten Fernbus-Terminal der Stadt Wien weichen. In der zweiten Jahreshälfte 2022 ist es also vorbei mit Sport&Fun in der Engerthstraße. Die Sporthalle wird abgerissen.
Standortsuche im Dunkeln.
Seit November bereits häuften sich die Gerüchte, dass der Nachfolge-Standort direkt hinter dem Praterstern in der Venediger Au liegen könnte. Dort besitzt die MA 51 mit der «Jugendsportanlage» eine 7.610 Quadratmeter große Rasenfläche, die an Wochenenden und Feiertagen öffentlich zugänglich ist. Unter der Woche wird an Kindergärten, Schulen und Sportvereine vermietet.
Kurz vor Weihnachten verkündete dann Sportstadtrat Peter Hacker: «Der Praterstern war von allen in Frage kommenden Standorten eindeutig der beste.» Die Sporthalle wird in der Venediger Au gebaut. Bernhard Seitz von den Grünen Leopoldstadt sprach sich dagegen aus, die Wiese zu verbauen. Der stellvertretende Bezirksvorsteher bekam aber, ebenso wie der Augustin, keinen Einblick in die Entscheidungsfindung. Die MA 51 wollte nicht bekanntgeben, welche anderen Flächen noch im Gespräch waren. Stattdessen reihte deren Sprecherin auf Anfrage einen Haufen in der Politik-Kommunikation beliebter Phrasen aneinander: Nutzer_innen-Potenzial, Bildungseinrichtungen im Umfeld, gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr und Radwegenetz sowie klimarelevante Aspekte. Auch der Frage nach Bürger_innenbeteiligung wurde konsequent ausgewichen. Wenig überraschend, denn die gab es schlicht und ergreifend nicht. «Maximale Verdunkelung» nennt es Bernhard Seitz.
Maximal nicht eingebunden war laut eigenen Angaben nicht nur der stellvertretende Bezirksvorsteher. Auch die von der Entscheidung direkt Betroffenen, die Bewohner_innen im Grätzl. So etwa Eric Kläring. Er ist Anwohner und aktiv in der Nachbarschaftsarbeit. Er betreibt eine Food-Coop mit, organisiert Grätzlfeste und ist generell an der Stadtentwicklung interessiert. «Die Nachbarschaft hätte die Sporthalle lieber nicht in der Venediger Au», fasst Kläring die Stimmung vor Ort zusammen. Aus verschiedenen Gründen: Man wolle den Grünraum erhalten, befürchte mehr Autoverkehr, und neben der betonernen Hitzeinsel Praterstern sei es «nicht zukunftsgerichtet», eine weitere Wiese zuzubauen.
Bodenversiegelungsstrategie.
Laut Presseaussendung der Stadt Wien werde beim Neubau ab Frühjahr 2022 durch Dach- und Fassadenbegrünung «sogar mehr Grünraum geschaffen als bisher».
Österreich ist «Europameister im Bodenverbrauch», wie der ORF kürzlich titelte. Hierzulande wird jeden Tag eine Fläche der Größe von 16 Fußballfeldern zubetoniert. Das Bundesland Wien hat den geringsten Bodenverbrauch österreichweit, wie man sich zuletzt öffentlich selbst lobte. Was aber nur logisch ist: Da im Stadtgebiet in die Höhe gebaut wird, hat es ein Bundesland, das aus einer Stadt besteht, leichter, weniger Boden zu verbrauchen.
Bleibt die Frage, ob bei der Entscheidung die eigene, öffentlich kommunizierte Bodenstrategie der Stadt Wien berücksichtigt wurde. Sie wäre nämlich ein wichtiges Argument gegen den Standort. Anfang Dezember hieß es noch in einer Presseaussendung von Stadträtin Ulli Sima: «Statt die grüne Wiese zu versiegeln, setzen wir überwiegend auf bereits genutzte Flächen wie auf ehemalige Bahnhofsareale oder Betriebsflächen, die sogenannten brown fields.»
Eben deshalb plädierte Bernhard Seitz dafür, keine Wiese, wie jene in der Venediger Au, zu verbauen, sondern eine bereits versiegelte Fläche. «Der große asphaltierte Bereich beim Happel-Stadion» wäre eine Option gewesen, so der grüne Bezirkspolitiker. Auch Eric Kläring hätte Ideen gehabt. Nur leider ließ die zuständige Behörde niemanden mitreden. Kläring ist nun dabei, mittels Petition Unterschriften zu sammeln.
Info und Petition: kaiserwiese.wordpress.com