Verstrickungenvorstadt

Internationale Dokumentarfilme auf der «ethnocineca»

Marc lebt auf den Straßen New Yorks, er hat weder Wohnung noch Haus, und dennoch ein Dach über dem Kopf. Denn Marc «wohnt» in seinem Auto, und zwar freiwillig, und nicht allein aus ökonomischen Gründen. Die aus Österreich stammende und in Brooklyn lebende Künstlerin Maria Petschnig begleitete Marc mit der Kamera und dem Mikrophon ein Jahr lang, daraus entstand das experimentelle Videoporträt Uncomfortably Uncomfortable, das im Programm der diesjährigen ethnocineca gezeigt wird. Die ethnocineca hat sich seit 2007, als sie zum ersten Mal stattfand, zum größten heimischen Dokumentarfilmfestival entwickelt. Von 12. bis 19. Mai sind österreichische und internationale Produktionen auf der Leinwand und online zu sehen. «Entangled Realities» lautet der Themenschwerpunkt 2022 – entangled meint verwickelt, verfangen: «Globale Verstrickungen und Wirkungszusammenhänge sowie deren direkte Auswirkungen auf unseren persönlichen Alltag (…), die Schatten der Vergangenheit wirken auf eine sich neu denkende Gegenwart ein und beeinflussen Strukturen, Handlungen und Lebensweisen (…) In diesen Verstrickungen über Raum und Zeit nehmen politische Interessen, Bewegungen und Meinungen aufeinander Einfluss», schreiben die Festivalmacher_innen. Diesem «Netz an untrennbar miteinander verschränkten Realitäten und deren Interpretationen» widmet sich der Schwerpunkt, der auch «Räume bietet für eine Auseinandersetzung, die Verknüpfungen mitdenkt und kontextualisierte Betrachtungsweisen fordert und fördert».
Filmgespräche, Paneldiskussionen, Master Classes schaffen Möglichkeiten zu Begegnung und Austausch. Erstmals seit Beginn der Pandemie kann die ethnocineca wieder internationale Gäste in Wien begrüßen. Eröffnet wird die ethnocineca mit der Doku Kash Kash – Without feathers we can’t live der libanesischen Regisseurin Lea Najjar. Tauben gehören zum Bild fast jeder Stadt, doch in Beirut liefern sich Taubenzüchter symbolische Luftkämpfe im Glücksspiel Kash Hamam, wo abgerichtete Tauben Vögel anderer Züchter fangen, um sie dem eigenen Schwarm einzuverleiben. Najjar dokumentiert eine uralte Tradition und gleichzeitig eine von Krisen und Krieg versehrte Stadt.

ethnocineca – International Documentary Film Festival Vienna
12. bis 19. Mai
Votivkino, Kino De France und online
www.ethnocineca.at

Augustin ist Medienpartner von ethnocineca