Verwandtschaft außer Kontrolletun & lassen

Raiffeisen und Rüstungsfirma

Die Enkeltochter: Sie pfeift auf die Benimmregeln der Großmutter. Was dies mit Raiffeisen zu tun hat: Raiffeisenverwandtschaft STRABAG SE kauft eine Industriedienstleistertochter des deutschen Maschinenbauers VOITH, die DIW-Gruppe. In der Kundenliste der DIW: unter anderen der europäische Rüstungskonzern EADS. Der Schönheitsfehler: In raiffeiseneigenen Regulativen gelten Geschäftsbeziehungen zu Rüstungsunternehmen als Tabu.Der Augustin berichtete bereits über einen Parallelfall: In raiffeiseneigenen Medien werden Geschäfte mit Nuklearenergieunternehmungen ausdrücklich negativ charakterisiert – allein die Raiffeisentochter STRABAG SE schert sich nicht darum und hat durch ein deutsches Tochterunternehmen Aufträge zum Ausbau des Kernkraftwerkes Mohovce übernommen. Von Seite der Raiffeisen’schen Eigentümervertreter konnte, als der Fall publik wurde, ein lautes Schweigen gehört werden. Die Dividende des Nukleargeschäftes floss von Tochter zur Mutter STRABAG und von dort der entsprechende Anteil in die Kassen der einstigen Bauernselbsthilfeorganisation, die wiederum mit der «Raiffeisen-Klimainitiative» gehörig Reklame macht.

Jetzt hat sich Raiffeisen wieder eine Verwandtschaft eingehandelt, die nicht unbedingt dem schönen Bild der Wirtschaftswelt gerecht werden dürfte, das im «Code of Conduct» für Raiffeisengesellschaften gezeichnet wird: Der schwäbische Maschinenbauer VOITH verkaufte seine Industriewartungstochter, die DIW-Gruppe der Raiffeisentochter STRABAG. Die DIW, Deutsche Industriewartung AG, betreut Industrieanlagen und betreibt Facility-Management. In der Raiffeisenwelt gibt es größere Fische, aber auch Kleinvieh macht bekanntlich Mist. Der DIW-Gruppe wird ein Umsatz von rund 250 Millionen Euro zugeordnet, der Kaufpreis für die STRABAG soll rund 75 Millionen Euro betragen haben.

Rüstungsschmiede als Kundschaft

Einer der Kunden der nun zum Teil raiffeiseneigenen DIW-Gruppe: Eurofighterproduzent EADS. Die Firma produziert nicht nur Airbusse, die Menschen von A nach B fliegen, großes Geld wird auch mit Rüstungsgütern verdient, die Menschen töten und unter die Erde bringen. Sich selbst nennt EADS übrigens niemals Rüstungskonzern, es wird lieber von einem Luft- und Raumfahrtunternehmen gesprochen. EADS erklärt, dass die DIW-Gruppe an den EADS-Standorten Augsburg, Manching, Friedrichshafen, Unterschleißheim und Ulm tätig ist.

Eigentümer der Strabag SE sind neben russischem Oligarchenkapital die Aktionär_innen von rund 13 % Streubesitz, die Familie Haselsteiner mit einem Anteil von rund 26 %, die Raiffeisenholding NÖ-Wien gemeinsam mit der mit Raiffeisen verbundene Uniqa Versicherung, rund 25 %. Wenn es günstig erscheint, machen die Raiffeisianer auf grün und anständig: So finden sich diese Kriterien im Zusammenhang mit «Raiffeisen Capital Management»: «… existieren Ausschlusskriterien wie zum Beispiel der Ausschluss von Geschäftsfeldern wie Atomkraft, Rüstung, … oder menschenrechtsverletzenden Geschäftspraktiken …»

Die Raiffeisenholding NÖ-Wien, letzten Endes Teileigentümerin der zur Debatte stehenden DIW-Gruppe mit dem Kunden EADS, ist eine der größten Beteiligungsfirmen Österreichs. Selbst sagt die Raiffeisenholding NÖ-Wien: «Die Raiffeisenholding NÖ-Wien hält Mehr- und Minderheitsbeteiligungen an rund 700 Unternehmen. … Die Beteiligungsunternehmen der Raiffeisenholding NÖ-Wien bieten weltweit insgesamt 156.000 Menschen einen Arbeitsplatz.»

Konkret könnte das DIW-Engagement der ehemaligen Bauernselbsthilfeorganisation so ausgeschaut haben: Bauer N. N. macht in Mistelbach bei der örtliche Raiffeisenkasse eine Einlage von beispielsweise 1000 Euro. Die Raiffeisenkasse Mistelbach ist Miteigentümerin der Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien und leitet die Einlage von N. N. weiter. Die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien hat entsprechenden Einfluss auf die Raiffeisenholding NÖ-Wien. Die Raiffeisenholding NÖ-Wien investiert in der STRABAG SE. Die STRABAG kauft die VOITH Tochter DIW.

Mit dem Bauern N. N. muss jetzt nur noch geklärt werden, ob er etwas mit einer Rüstungsfirma zu tun haben will. Die Bosse in den Giebelkreuzchefetagen wollen.

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