Vom Dudeln und vom SingenArtistin

Mit Trude Mally tief ins Herz von Wien

I hab die gar so gern heißt die CD der 80-jährigen Wienerlied-Legende Trude Mally. Ein wunderbares Dokument einer unverstellten urbanen Volksmusik.Das Dunkle und die Lichter machen einen ganz damisch. Gefühlsdamisch. Der Christmas-Blues? Die Sehnsucht nach dem besseren Leben, der besseren Welt? Die Patchwork-Famile rückt aus zum Weihnachtsmarkt beim Schloss Schönbrunn fragen Sie nicht! Dort beweist der Kapitalismus, dass er nicht umsonst mit demselben Buchstaben beginnt wie kriminell. Hysterische Preise! Aber schön: Als ein Chor zu singen beginnt, dämmt sich die Geräuschkulisse merklich und mehr als eine Ahnung von Stille macht sich breit, in der sich die Musik ausbreiten und ihre heilende Wirkung entfalten kann.

Eine ganz andere Stille, ein ganz anderes Stillstehen, in dem sich nur Entsetzen und Trauer ausbreiten können, löste eine E-Mail aus, die Anfang Dezember den Tod von Christoph Moser mitzuteilen hatte.

Christoph Moser, ein Tiroler, der in Wien mit Herz, Verstand und seiner unpackbaren Energie, seinem Witz, seinem Fachverstand und seiner nicht unwesentlichen seelenvollen Sturheit die österreichische Musikszene aufs Positivste aufmischte, hatte ganz viel damit zu tun, warum viele Tonträger, von denen und deren SchöpferInnen hier zu lesen ist, im Vertrieb von Hoanzl waren oder dort auf dem Label Geco erschienen. Ein unkonventioneller, begeisterungsfähiger, mitreißender Musikmensch durch und durch. We need an instrument to take a measurement/To find out if loss could weigh, singen Fugazi. Gäbe es dieses Instument tatsächlich, würde es angesichts des Verlustes von Christoph seinen Dienst versagen.

Viel zu schwer wiegt es, dass dieser bestimmt nicht einfache, aber einfach wunderbare Mensch nach intensiven, voll gelebten 46 Jahren nach einem Unfall im Urlaub nicht mehr bei uns sein soll. Nie wieder wird er seinen oft herben Charme, hinter dem eine große Sensibilität und eine grenzenlose Liebe zu Menschen, Ideen, Musik und zum Leben steckten, entfalten. Nie wieder werden seine Ideen Funken sprühen und beherzt umgesetzte Wirklichkeiten werden. Nie wieder wird er Menschen berühren, eben nicht kalt lassen, wie er das mit so vielen getan hat. Das ist unendlich traurig. Auf Wiedersehen, Christoph, und danke für alles.

I hab di gar so gern

Attwenger sind eine der Bands, denen Christoph Moser ein inspirierter Partner (und Freund) war. Deren Akkordeon-Meister Hans-Peter Falkner legt auf seinem der Pflege musikalischer Obsessionen gewidmeten Label Fischrecords unmittelbar nach der essentiellen Willi-Warma-CD Stahlstadtkinder eine weitere Großtat vor. In Zusammenarbeit mit dem Wiener Volksliedwerk hat Falkner 20 Aufnahmen der legendären Dudlerin die wienerische Form des Jodelns und Wienerliedsängerin Trude Mally versammelt. Trude Mally feierte am 21. Jänner dieses zu Ende gehenden Jahres ihren 80. Geburtstag. Zu diesem Anlass wurde natürlich gedudelt, gesungen und gespielt. 8 der 20 Liveaufnahmen stammen von diesem Fest, mit Mally dabei zu hören unter anderem Karl Hodina, Rudi Koschelu und Roland Sulzer. Das weitere Material versammelt Livematerial aus den Jahren 1948 bis 2003, dabei unter anderem zu hören Mallys langjährige musikalische Partner Karl Nagl und Pepi Matuschek.

Wer wie ich glaubt, wienerlied- oder dudelresistent zu sein, wird von dieser Sammlung rasch eines Besseren belehrt. Ziemlich genau bei Sekunde 32, wenn beim an den Anfang gestellten Titellied das Dudeln losgeht. Oder wenn Zeilen wie Und du i was ganz gwiss, dass Liab wos Heiligs is/und dass d’Valiebten Leid sein Lebtag san ned gscheit daherkommen. Das Material, im ausführlichen Booklet kenntnisreich kommentiert, ist überhaupt ein Fundus wienerischer (Wann I‘ von Wean wegga geh‘!) und allzumenschlicher Befindlichkeiten. Es braucht schon ein Herz aus Stein, um sich einem Lied wie Das größte Glück zu verschließen, das mit Wie schön wär’s, wann auf der Welt nur Liab wohnen tät anhebt. Oder der Stimme von Trude Mally, die auch im hohen Alter von einer großen Klarheit und Wendigkeit ist (wobei eines der absoluten Highlights Mein Glück is a Hütten liefert, ein Ton-Dokument einer sehr jungen Trude Mally). Vielleicht dem Umstand geschuldet, dass die Sängerin, die ihre ersten öffentlichen Auftritte schon im Alter von zehn Jahren absolvierte und die heute noch aktiv ist, entgegen dem Klischee und der Wahrheit von den trinkfreudigen WienerInnen selbst keinen Alkohol trinkt.

Dass die 1983 in Pension gegangene Wirtin dennoch mühelos ein Lied wie Trink ma Bruadaschaft mitsamm glaubwürdig intonieren kann, versteht sich von selbst. Der Schmäh rennt auf dieser CD ebenfalls nicht schlecht. Auf die gesungene Frage Aber Derndl, wos host‘ da denn denkt, wiesd ma dei Herzerl host gschenkt kommt ein trockenes gesprochenes gar nix. Aber keinen Schmäh, keine Worte, keinen Alkohol brauchts, wenn dann wieder gejodelt wird. Let the Dudel kling‘!

Info:

Trude Mally: I hab die gar so gern (Fischrecords/Hoanzl)

www.fischrecords.at

www.wvlw.at

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