This Human World geht in Runde elf
Zwölf Tage lang bietet This Human World Filme und ein umfangreiches Rahmenprogramm zum Thema Menschenrechte. Jenny Legenstein über das Festival und einige der Filme, die 2018 auf dem Programm stehen.
Foto: This Human World (zum Bild: Marish wird ohne Bezahlung als Haushaltshilfe ausgebeutet, A Woman Captured zeigt ihren Alltag und ihre Flucht)
Dass Frauen entscheidende Beiträge in den Protest- und Revolutionsbewegungen des Arabischen Frühlings einbrachten, ist unumstritten. Inwiefern deren Forderungen umgesetzt wurden, steht auf einem anderen Blatt. Auch die damals 15-jährige Amal Gamal protestiert 2011 auf dem Kairoer Tahrir-Platz – verkleidet als Bub. Dort lernt sie den Regisseur Mohamed Siam kennen, der sie in den folgenden sechs Jahren immer wieder filmt. Das daraus entstandene Filmporträt Amal eröffnet das diesjährige Filmfestival This Human World am 29. November, das heuer zum elften Mal stattfindet und das erstmals von Michael Schmied geleitet wird. Rund 100 Filme stehen auf dem Programm, außerdem Workshops, Podiumsdiskussionen und Filmgespräche. Und wie es sich für ein Festival gehört, wird auch ordentlich gefeiert, abtanzen kann das Publikum z. B. nach der Eröffnung im Gartenbaukino oder im Anschluss an die Preisverleihung am 8. Dezember im Werk X.
Die Erklärung der Menschenrechte wurde von fast allen Staaten der Erde unterzeichnet, auf dem Papier gibt es also eine Zustimmung zu dieser besonderen Art von Wertekatalog. Bei aller gerechtfertigten Kritik am Konzept der Menschenrechte (es handelt sich um ein europäisches Konzept, abgeleitet von christlichen Glaubenssätzen, behandelt ein bestimmtes Gesellschaftsmodell als allgemeines usw.) sind sie dennoch ein brauchbarer Maßstab (wenn auch kein absoluter), um gesellschaftliches Handeln und Gesetzgebung in unserer Gesellschaft zu beurteilen. Und wenn in letzter Zeit Personen ganz offen fordern, flüchtende Menschen im Mittelmeer zur Abschreckung ertrinken zu lassen, was auch implizit die Überzeugung zum Ausdruck bringt, dass Angehörige der eigenen Gruppe wertvoller seien als jene, die ihr nicht angehören, macht sich wieder eine Ideologie breit, von der wir gehofft hatten, sie sei nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr hoffähig.
Faschistische Organisation.
When the War Comes ist eine Doku von Jan Gebert über die paramilitärische Gruppierung «Slowak Recruits», junge Männer, die in Wäldern soldatisches Training absolvieren, auf Stadtplätzen aufmarschieren und sich patriotisch einschwören. Deren Anführer haben auch politische Ambitionen und außer, dass die Mitglieder slowakische Nationalisten sind und dem Panslawismus huldigen, unterscheiden sie sich so gut wie gar nicht von faschistischen Organisationen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Sklaverei. Auch Sklaverei besteht nach der offiziellen Abschaffung im 19. Jahrhundert weiterhin, weltweit leben mehrere Millionen Menschen in Sklaverei oder sklavereiartiger Abhängigkeit, in Europa dürften es schätzungsweise mehrere Zehntausend sein. Die ungarische Filmemacherin Bernadett Tuza-Ritter lernte die über fünfzigjährige Marish kennen, die quasi als Leibeigene in einem ungarischen Haushalt diente. Sie freundete sich mit der Frau an, begleitete sie filmisch und unterstützte sie bei dem Vorhaben, ihrer Situation zu entkommen. A Woman Captured macht ein unsichtbares Phänomen sichtbar und ist das Porträt einer starken Frau, die sich nicht unterkriegen lässt. Der
AUGUSTIN verlost Tickets für diesen Film, siehe Kasten (links ).
Heimkind.
Bei einem Filmfestival, bei dem es um Menschenrechte geht, können die behandelten Themen, sagen wir, ganz schön heavy sein – die Probleme scheinen im Vergleich zu den guten Lösungen zu überwiegen. Maasja Ooms Langzeitporträt Alicia zeigt die bedrückende Geschichte eines «Heimkindes». Nach dem Tod ihres Pflegevaters kommt die vierjährige Alicia ins Kinderheim, vorrübergehend, bis sich eine neue Pflegefamilie gefunden hat, doch fünf Jahre später lebt das Mädchen noch immer im Heim. Zu diesem Zeitpunkt beginnt Ooms zu filmen. Alicia wünscht sich nichts mehr als eine (Pflege-)Familie. Im Lauf der vier Jahre bis zum Ende der Dreharbeiten wächst die Verzweiflung und die Aggression des Kindes, der ihre Betreuer_innen hilflos gegenüberstehen.
Müllhalde.
Die Feststellung, dass alles miteinander verbunden ist, insbesondere in einer «globalisierten Welt», ist banal. Es ist eine Besonderheit des Mediums Film, Auswirkungen des Tuns etwa in westlichen Gesellschaften auf andere, weniger privilegierte Weltgegenden direkt und anschaulich darstellen zu können. In Ghana befindet sich eine riesige Mülldeponie, die von den Einheimischen Sodom genannt wird. Hier landet ein Großteil des Elektroschrotts aus Europa, mehrere Tausend Menschen leben davon, alte Computer, Handys, Kabel auszuschlachten. Welcome to Sodom (wir verlosen auch für diesen Film Tickets) von Florian Weigensamer und Christian Krönes stellt diesen vielleicht giftigsten Ort der Erde und die Menschen, die dort arbeiten, vor. In ihren eigenen Worten erzählen Männer und Frauen von ihrer Arbeit, ihren Ängsten, Wünschen und Hoffnungen.
This Human World – International Human Rights Film Festival 2018
29. November bis 10. Dezember
www.thishumanworld.at
Eröffnung am 29. November
im Gartenbaukino
1., Parkring 12
Beginn: 20 Uhr
Tickets: 8 Euro
Preisverleihung in sechs Kategorien,
im Anschluss Konzert der Balkan Tango Vibes und DJ-Line
am 8. Dezember
im Werk X, 12., Oswaldgasse 35a
Beginn: 19.30 Uhr
Eintritt frei bzw. freiwillige Spenden willkommen
AUGUSTIN verlost je zwei Tickets für folgende Filme:
Welcome to Sodom Sondervorstellung am 5. Dezember im Gartenbaukino mit anschließender Diskussion in Anwesenheit des Filmteams
Beginn: 19 Uhr
A Woman Captured am 5. Dezember im Top Kino mit anschließender Diskussion in Anwesenheit der Regisseurin Bernadett Tuza-Ritter
Beginn: 20.15 Uhr
Beide Filme werden im Originalton mit englischen Untertiteln gezeigt.
Bitte senden Sie ein E-Mail mit dem Betreff «Human Rights» an redaktion@augustin.or.at, um an der Verlosung teilzunehmen.
Bitte geben Sie auch Ihren Wunschfilm an.
Einsendeschluss ist der 2. Dezember