Von Überforderung zu Ermutigungtun & lassen

Sachbuch: Klassismus an der Uni

Der Ausdruck Klassismus umfasst die Benachteiligung aufgrund der sozialen Herkunft und das Vorhandensein von Vorurteilen gegenüber Angehörigen unterer Gesellschaftsschichten. Das zeigt sich u. a. so: «Über andere und ihre Lebenswelten sprechen, lachen, sie genußvoll konsumieren, für oder über sie reden, statt mit ihnen. Bezweifeln, dass Klassenunterschiede relevant sind», schreibt Jan Niggemann in seinem Beitrag im Band Klassismus und Wissenschaft, herausgegeben von Riccardo Altieri und Bernd Hüttner. Die Texte von 19 Akademiker_innen aus dem deutschen Sprachraum beschäftigen sich mit deren Erfahrungen von Klassismus im Studium.
Corinna Widhalm stammt aus einer Arbeiterfamilie, sie beschreibt ihre Überforderung angesichts der räumlichen Ausmaße der Uni Wien, ihr unbekannter Ausdrücke, des kulturellen Wissens, das vorausgesetzt wurde. Mustafa Saeed schreibt darüber, wie er außer mit dem Milieuwechsel auch mit Rassismus umgehen musste. Die Texte unterscheiden sich, den Einzelerfahrungen ist vieles jedoch gemeinsam: sich fremd fühlen, zusätzlich einer Erwerbsarbeit nachgehen müssen, kaum Praktika oder Auslandsaufenthalte machen können, Entfremdung vom Herkunftsmilieu usw. Allen gemeinsam ist, dass die Autor_innen trotz struktureller Benachteiligung akademische Abschlüsse machten. Das Buch ist Ermutigung und Appell, Bewusstsein für klassenbedinge Benachteiligung zu schaffen und sie zu bekämpfen.

R. Altieri, B. Hüttner (Hg.): Klassismus und Wissenschaft. Erfahrungsberichte und Bewältigungs­strategien
BdWi-Verlag 2020
217 Seiten, 14 Euro