«So eine Figur wie Falco haben wir in Deutschland nicht gehabt»
Die deutsche Band Element of Crime wurde im März 1985 in Westberlin gegründet. 2015 feiert die Band runden Geburtstag, und vor kurzem wurde das neue Album «Lieblingsfarben und Tiere» veröffentlicht. Aus diesem Anlass besuchten uns Sänger und Texter Sven Regener sowie Gitarrist Jakob Wien und luden zum Interview ins Café Westend.
Foto: HURRICANE/SOUTHSIDE Festival
Nächstes Jahr feiert Element of Crime 30-jähriges Bandjubiläum. Könnt ihr euch noch erinnern, wann und wo euer erstes Konzert stattgefunden hat?
Jakob Ilja: Ja, das war ein gutes Konzert und hat im Berliner K.O.B. stattgefunden. Das war in den 80er Jahren ein besetztes Haus in der Potsdamer Straße, gleichzeitig beliebter Treffpunkt und Partylocation der Szene. Da passten ca. 300 Leute rein, und es sind an dem Abend auch 300 gekommen. Der Eintritt war damals 5 Mark, und wir haben da ganz gut verdient.
Sven Regener: Das Lokal war deswegen so voll, weil die TAZ vorher geschrieben hatte, dass in der neuen Band auch Mitglieder von «Fehlfarben» mitspielen. Unser erster Schlagzeuger Uwe Bauer war ja tatsächlich Fehlfarben-Mitglied. An dem Abend gaben wir dann sogar zwei Konzerte. Wir hatten ja zu diesem Zeitpunkt erst neun Songs, deswegen war das auch keine große Anstrengung. Aber der Abend war sehr lustig. Nach dem ersten Konzert mussten alle Zuschauer raus und später für den zweiten Auftritt nochmal die 5 Mark Eintritt bezahlen.
1991 ist mit «Damals Hinterm Mond» euer erstes komplett deutschsprachiges Album erschienen. Ab da hatte die Band mehr Erfolg. War die Hinwendung zur deutschen Texten rückblickend also eine gute Entscheidung?
SR: Künstlerisch war das auf jeden Fall der richtige Schritt! Für mich war die Herausforderung, mit unserer Musik und unseren Songs, etwas mit deutschen Texten zu probieren, einfach viel größer. Denn mit englischen Texten kannten wir so eine Art Musik ja teilweise schon, wie z. B. Jeffrey Lee Pierce, Bob Dylan oder Velvet Underground. Aber auf Deutsch gab es da wenig bis gar nichts. Es war einfach reizvoll, die Spielräume in der Musik bzw. im Rock ’n‘ Roll für unsere Sprache zu erweitern und zu sagen: Ja, das ist auch noch möglich. Österreich war uns da sogar schon ein wenig voraus, vielleicht durch dieses leichte Dialekt-Ding, das macht das vielleicht einfacher. So eine Figur wie Falco haben wir in Deutschland in den 80er Jahren z. B. nicht gehabt, trotz aller Höhen und Tiefen, die er durchlebt hat. Ich glaube jedenfalls, und da bin ich auch ein wenig stolz darauf, dass Element of Crime den Spielraum, was man mit deutschen Texten machen kann, um ein zusätzliches Spektrum erweitert haben.
Vor kurzem ist euer neues Album «Lieblingsfarben und Tiere» erschienen. Wie läuft der typische Aufnahmeprozess für ein neues Element-of-Crime-Album ab?
SR: Bei uns ist es so, dass wir ein neues Album nicht in einem kompletten Rutsch im Studio aufnehmen, sondern immer nur für ein paar Tage da sind, wenn wir zwei neue Songs haben. Neue Songs haben wir in dem Moment, wo ich einen neuen Text habe. Darum ziehen sich unsere Aufnahmen immer über einen langen Zeitraum hin, aber das hat auch sehr viele Vorteile wie z.B., dass man nach einem halben Jahr immer noch zu dem Song, den man zuallererst aufgenommen hat, zurückgehen kann, um zu gucken, wie es jetzt ist, ob man noch Ideen dazu hat etc. Wir machen das also Stück für Stück. Gemischt wurde «Lieblingsfarben und Tiere» in Nashville und aufgenommen in Berlin. Das war bei den beiden Vorgänger-Alben auch schon so. Den Mix in Nashville machen wir immer deswegen dort, weil wir die Zusammenarbeit mit dem dort ansässigen Toningenieur Roger Moutenot sehr schätzen.
«Denk an Lieblingsfarben und Tiere, Dosenravioli und Buch, und einen Bildschirm mit Goldfisch, das ist für heute genug», lautet der Refrain im Titelstück der neuen CD. Etwas rätselhaft für einen Laien …
SR: Da gehts einfach um jemanden, der sagt: Heute will ich, dass mich wirklich alle mal in Ruhe lassen! Ich will nichts hören, ich will nichts sehen, ihr könnt mir E-Mails schreiben oder auch nicht, das ist mir egal! Mit «Bildschirm mit Goldfisch» ist einfach gemeint, das der Bildschirmschoner am PC läuft, aber ich empfange keine Mails etc. Dieser Zustand ist ja eigentlich ein sehr gutes Thema für Rock ’n’Roll: abhängen, nichts machen, Zeit totschlagen, faul sein. Das ist eigentlich die Idee, natürlich evoziert durch die Musik, weil die bei uns immer zuerst kommt, bevor ein neuer Song entsteht. Wir hatten da diese Melodie, irgendwie schlapp, aber sexy, und dann singt man halt dazu, dass einem heute wirklich mal alle, wie man in Berlin sagt, «an die Füße fassen können». Das macht Spaß.
Und was fällt euch zu Wien ein? Lieblingsplätze, zum Beispiel?
JI: Na ja – wir sitzen ja gerade im Café Westend, das gehört auf jeden Fall dazu. Dann das Hotel Fürstenhof, wo wir oft bei Konzerten einquartiert waren. Eigentlich haben wir uns in Wien schon immer sehr zuhause gefühlt, auch schon nach dem ersten Konzert hier ca. 1987.
SR: Ich habe auch eine große Sympathie für das Rabenhof Theater, wo ich ja schon öfters mit meinen Lesungen zu Gast war. Wir sind auch schon einmal im Burgtheater aufgetreten, das war auch super. Wien fühlt sich für uns schon sehr wie ein «Zuhause» an. Natürlich ist uns klar, dass wir nur Fremde bzw. Besucher sind, aber für den Moment fühlen wir uns in Wien immer sehr wohl.
Die Fragen stellte Robert Fischer
Info:
www.element-of-crime.de
Element of Crime live: 21. 2. 2015 im Gasometer