Walters wankende OrdnungArtistin

Literatur

Walter ist Polizist, Dienstort: Kreuzung. Er überwacht die Ordnung, ordnet die Unordnung. Verheiratet, Kinder, stabiles Glück. Keine weiteren Ambitionen. Walter beobachtet August Hummel; immer pünktlich; plötzlich traurig. Warum? August Hummels Sohn ist einer von denen, die sich weit draußen, oberhalb der kleinen Stadt, als lose Gruppe in der «Lichtheimat» niedergelassen haben, ein leerstehender Hof, Erbstück aus einer lokalen Textildynastie, die hier im Rheintal langsam dem Weltmarkt weicht. «Der Ort wurde zur Pilgerstätte für alle, die dem Sein, nicht dem Haben, folgen und dabei Wasserpfeife rauchen wollten. Dass einer von ihnen doch hatte, vereinfachte die Sache.» Für Walter vereinfacht es die Sache nicht, als er zur Lichtheimat fährt, um den Hummel-Buben zu sprechen. Was er dort findet, weitet ihm – rein chemisch gesehen – den Blick für sein eng eingezäuntes Leben.
Seine ruhig, fast schon fad dahinplätschernde Erzählung unterbricht Wolfgang Hermann durch unvermutete Seitenhiebe auf die Vorarlberger Gesellschaft, Magenstüber in die ad acta gelegte Vergangenheit, Watschen für die alte Zeit, die nicht gut war, und die abgelöst wird von etwas, das irgendwie weh tut.

Wolfgang Hermann:
Walter oder die ganze Welt
Limbus 2020, 96 Seiten, 15 Euro