Kulturpassage
Heute führen mich meine Schritte ins Museumsquartier. Dort speziell ins Architekturzentrum Wien (AzW). «Hands-On Urbanism 18502012. Vom Recht auf Grün» heißt die von mir besuchte Ausstellung.
Architektur ist das eine, Architekt_innen sind das andere. Mein Verhältnis zu dieser Thematik erweist sich nach einer eingehenden Prüfung als durchaus zwiespältig. Aber nun nähere ich mich ja bereits dem Eingang zur Ausstellung. Vermutlich. Ich überwinde eine Stiege nach unten, es gibt aber auch einen Lift. Jetzt stehe ich auf einem Hof und erspähe verschiedene Eingänge. Neben einem von ihnen ist in kleinen Töpfen zartes Grün erkennbar. Bei näherer Betrachtung stellt sich das Ganze als verschiedene Sorten Gemüse dar. Was hat Gemüseanbau mit Architektur zu tun? Es soll sich herausstellen, dass ich hier eines der wichtigsten Themen vor mir sehe: Urban Gardening. Dazu werden historische und zeitgenössische Beispiele aus der ganzen Welt gezeigt. Immer mehr erkenne selbst ich den Zusammenhang zwischen Architektur und Landnahme zur autonomen Ernährungsversorgung.
Ich bin plötzlich hin- und hergerissen von den ganzen Eindrücken. Immerhin komme ich aus einer ländlichen Gegend, und für mich war ein Garten etwas völlig Normales. Soweit ich mich erinnere, musste nie Gemüse und Obst eingekauft werden. Womit wir bei einem ganz interessanten Teil wären. Dabei geht es um den Tausch von Samen. Es hört sich harmlos an, wenn jemand mit anderen Menschen Saatgut tauscht. Aber in der Realität beherrschen 3 bis 4 Saatgutriesen den Markt und wollen solche Aktionen unterbinden. Zum Glück sind Menschen kreativ, womit ich schon wieder beim nächsten Aspekt bin.
Kennt irgendjemand Herrn und Frau Schreber? Aber die nach ihnen benannten Gärten sind hinlänglich bekannt und existieren nicht nur in Deutschland und Österreich, sondern weltweit. Auf den ersten Blick ist nicht sofort zu erkennen, wo sich der jeweilige Schrebergarten befindet. Im Hintergrund modernste Hochhäuser, davor herrlich alte, kleine Hütten, umgeben von Gemüsebeeten. Beide bewohnt. Wo würden Sie gerne wohnen? Stadtentwicklung und Stadtplanung sind eine heikle Sache. Wollen wir wirklich ein Hochhaus neben dem anderen? Wollen Architekt_innen wirklich einen Büroturm nach dem anderen entwerfen? Und gibt es eigentlich spezielle «grüne» Architekt_innen? Und was hat das nun mit der von mir besuchten Ausstellung zu tun? Vielleicht nicht viel, vielleicht aber doch! Denn wie ich hier erfahren durfte, können wir uns alle in einem gewissen Rahmen architektonisch betätigen. Am besten gefällt mir die gemeinsame Nutzung von Anbauflächen zur Selbstversorgung mit Gemüse. Denn nicht nur in Zeiten wie diesen ist es wichtig zu wissen, wo die eigene Nahrung herkommt. Wie ich weiß, sind die Menschen außerdem sehr glücklich, wenn sie von Grün umgeben sind. Das kann übrigens bis zum 23. Mai in der Stadt per Fotoapparat aufgespürt werden und ist dann bis zum 4. Juni im AzW zu sehen. Unbedingt hingehen!