Was, wenn nicht lungern?tun & lassen

Noch blöder als das Alkoholverbot am Stern: die Prater-«Hausordnung»

Obdachlos-Sein war auch schon mal einfacher. Immerhin jedenfalls straffreier. In Ungarn ist seit Herbst jene im Sommer 2018 mit breiter Mehrheit verabschiedete Gesetzesnovelle in Kraft, die das Übernachten im Freien und auf öffentlichen Plätzen unter Strafe stellt. Seit Oktober darf die Polizei auf dieser Grundlage Wohnungslose vertreiben, abstrafen und ihre Hütten und Verschläge demontieren.

Illustration: Lisbeth Kovačič

Nicht viel anders sieht es derweil in Dänemark aus. Schon im März letzten Jahres verabschiedete man auf Christiansborg ein Anti-Obdachlosen-Gesetz, das es Kommunen erlaubt, Sperrzonen zu etablieren. Innerhalb dieser Zonen dürfen Obdachlose seither zwar «shoppen gehen oder in einem Hostel übernachten» (womit auch schon sämtliche Primärtätigkeiten obdachloser Menschen aufgezählt wären), «aber es ist Ihnen nicht erlaubt, ohne Ziel auf der Straße zu stehen oder herumzuspazieren», so die Anwältin Løvbjerg Hansen, die wohnungslose Menschen rechtskundig unterstützt, in der Kopenhagener Straßenzeitung Hus Forbi.

In Wien kennt man dafür den Begriff ‹herumlungern›. Die Prater GmbH, eine 100-Prozent-Tochter der Stadt Wien Marketing GmbH, die ihrerseits zu 100 Prozent der Stadt Wien gehört, versteht darunter «untätiges Sich-Aufhalten». Und solches soll, so will es die neue von der Prater GmbH ausgesprochene «Hausordnung», auf der Kaiserwiese (die ihr von den Stadtgärten überlassen worden ist) und im Wurstelprater künftig unterbleiben. Aber auch «tätiges Sich-Aufhalten» ist nicht frei von Gefahr. Wer etwa bettelt, Flyer verteilt oder – noch ist die Vorstellung schwer – unter der Sommerhitze Dosenbier trinkt, läuft Gefahr, verwiesen zu werden. Die De-facto-Ausweitung des Alkoholverbots vom Praterstern und der angrenzenden Venediger Au auf die Kaiserwiese gilt freilich nicht für alle. In den Gastro-Betrieben im Wurstelprater und im Rahmen der kommerziellen Veranstaltungen auf der Kaiserwiese darf auch weiterhin fleißig gebechert werden.

Ob der Unfug zu koalitionsinternem Krach zwischen SPÖ und Grünen führen wird, bleibt indes abzuwarten. Während Ulli Sima (SPÖ), in deren Ressortzuständigkeit die Stadtgärten fallen, keinen Handlungsbedarf sieht, hat Birgit Hebein (Grüne) bereits ihr «Nein» zur «Hausordnung» deponiert. Stichhaltig ist die Argumentation der Neo-Grünen-Chefin allemal: «Was soll man den sonst auf der Kaiserwiese machen, wenn nicht herumlungern?»

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