«Wegsperren ist keine Lösung»tun & lassen

Sachbuch: Die Gefährlichkeit des Täters

Der Serienbankräuber Welco, der Sexualstraftäter Ulf und der rechtsextreme Massenmörder Anders Breivik – sie alle haben eines gemeinsam: Sie konnten in ihrer Kindheit und Jugend keine positiven Bindungserfahrungen machen, keine einzige! Dies ist mit Sicherheit keine Entschuldigung, aber sicher ein Teil der Erklärung, warum sie und die weiteren in «Die Gefährlichkeit des Täters» Porträtierten schwerste Gewalttaten gegen Menschen verübt haben.So schwere, dass psychiatrische Gutachter_innen auch nach dem Ende ihrer verbüßten Haftstrafe empfehlen, sie sollen nicht entlassen werden, da sie noch immer eine Gefahr für die Gesellschaft wären. Der Kriminologe Thomas Galli betrachtet in seinem neuen Buch den Umgang mit der Sicherung der Allgemeinheit vor gefährlichen Menschen. Er schreibt, die Verwendung des Begriffs Gefahr, insbesondere, wenn es um Menschen geht, «ist gefährlich». Zu komplex sind menschliche Persönlichkeiten für verlässliche Prognosen, zu einfach sei es, Täter_innen in Anstalten verschwinden zu lassen. Dabei ist die Inhaftierung in ihrer jetzigen Form weder menschenwürdig noch sinnvoll. In neun Abschnitten zeichnet Thomas Galli einfühlsam und respektvoll die Biographien von Menschen nach, die weggesperrt werden, um die Öffentlichkeit vor ihnen zu schützen. Die einen treibt das in den Suizid, die anderen in eine verbitterte Verweigerungshaltung. Galli berücksichtigt dabei sowohl die Betroffenheit der Opfer und die diffuse Angst der Öffentlichkeit als auch den Freiheitsdrang und das Streben nach Autonomie der Täter. Es ist eine komplexe Sache, das mit der Sicherheit. Klar ist für Galli: Wegsperren ist keine Lösung. Vielmehr müsse langfristig gedacht werden, müssten Familien unterstützt, Ressourcen in Sport- und Jugendzentren investiert oder mehr Stellen für Sozialarbeiter_innen und Psycholog_innen an Kindergärten, Schulen und Jugendämtern geschaffen werden. «Das ist der beste Schutz gegen die Gefahr im Menschen, besser als jede Strafe.» Thomas Galli hat es geschafft, ein sensibles Thema zu spannender Lektüre zu verarbeiten und dabei ein kritisches Buch über Sicherheitspolitik zu verfassen.

Thomas Galli:

Die Gefährlichkeit des Täters

Verlag Das Neue Berlin 2017

175 Seiten, 13 Euro

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