Weil zurzeit die Dinge ohnehin mehr Zeit brauchenArtistin

Musikarbeiter unterwegs … im Prater mit der Prater WG

«Im Leo» heißt das Debüt einer vierköpfigen Band mit schon anderswo profilierten Musiker_innen. 11 Lieder für das weiterhin fehlende echte Wiener Stadtradio.

Text: Rainer Krispel, Foto: Mario Lang

Bereits 2016 nahm diese Band mit einem Treffen in einem Beisl – Sie erinnern sich, vor Corona ist mensch einfach in ein solches gegangen – ihren Anfang. Tini Trampler und Stephan Sperlich, die mit den Playback Dolls selbst lässige Musik machen, stifteten eine Band (an), indem sie Verena Doublier und Florian Kargl einander vorstellten. Doublier, mit dem Duo Wiener Blond nicht unerfolgreich, und Kargl, dessen Band Freischwimma zu dem Zeitpunkt nach ihrem 4. Album eine Pause einlegte («Die Pause hält bis heute an»), fanden bei Zirbenschnaps unter anderem heraus, dass sie beide Lieder geschrieben hatten, einem Baum gewidmet, den mensch gar nicht oft genug besingen kann.

Kastanienbam.

Doubliers Kastanienbam ziert nun Jahre später das Debüt-Album der Prater WG. Schon 2014 wurde Kargls Unter de Kastanienbam auf dem – quasi – «Greatest Hits»-Vinyl der Freischwimma, Gresta Riss, (noch einmal) verlegt. Mit Gitarren und Stimmen wollten diese beiden Lieder von ihren Urheber_innen wenigstens einmal gemeinsam gespielt werden. «Das hat Spaß gemacht» als herzhaftes Resümee erster Beisl-Konzerte (Dezentral, Cafe Mocca …) sprach fürs Weitermachen, eine erste Kontrabassistin wurde dauerhaft durch Emily Smejkal ersetzt. Als abermals in einem Lokal (schon vermutet der gelernte Musikschreiber, dass der Bandname nur eine freundliche Nebelgranate ist, was die dauernd in Lokalen rumsitzen?!) die Schlagzeugfrage diskutiert wird, erscheint Raphaela Fries in eben diesem, und prompt wurde die (unter anderem) Rhythmikerin bei pauT in der Prater WG als vierte ständige Mitmusikerin angemeldet. Was den Sound klar Richtung Rock hin veränderte, das Proben im Wohnzimmer war ebenso Geschichte. Verena: «Aber letztlich entsteht der Sound durch die Kombination der Menschen, die miteinander Musik machen.» Florian tauschte die akustische Gitarre mit ihrer elektrischen Schwester und begann, Leadgitarre zu spielen.

Zwischen Spittelberg und Handelskai.

Von einem Gönner mit einem Studio­budget versehen, unternahm die Band mit Sir Tralala den ersten Versuch, ihr Album aufzunehmen, was nicht ganz aufging. Mit Flos altem Bandkollegen Alexander Lausch (die beiden haben dieser Tage als Motorpony eine wunderbare EP veröffentlicht) wurden die 11 Lieder dann endgültig in eine Form gebracht, die den Klangvorstellungen der beiden Songwriter_innen der Prater WG entsprach. «Der Umweg hat den Liedern gutgetan», sagt Flo. Die zu singbaren Texten geformten Umgangssprachen «eines Waldviertlers, der halb Behm is, und einer Wienerin, die halb Deutsche ist», pfeifen auf Dialekt-Authentizität und Mundart-Polizei, geben aber Liedern wie Wean Du oida Grandscheam oder dem tatsächlich als Vinyl-Single aufgelegten Zwischen Spittelberg und Handelskai zur Musik viel individuelles Leben und Charakter. Da findet die Jura-Soyfer-Vertonung Lied des einfachen Menschen hochdeutsch gesungen wie selbstverständlich ihren Platz und ihre Wirkung. Verena: «Bei manchen Songs von Flo kommen Wörter vor, die habe ich vorher mein Leben lang noch nicht gehört.» Dass schon im Vorfeld der Veröffentlichung die Radios abwinken – «für Ö3 ist es zu wenig Ö3, für die einen zu viel Wien, für die anderen zu wenig» – sind beide Langzeitmusiker_innen gewohnt, was Verena Doublier nicht um deutliche Worte verlegen macht: «Dass Radio Wien der Regionalsender ist, der am wenigsten regionale Musik spielt, ist bekannt (…). Was mich frustriert, ist diese Arroganz den Künstlern gegenüber, diese Antihaltung gegen Vielfalt.» Mit den vorerst noch eingeschränkten Möglichkeiten live zu spielen, bleiben der Prater WG unmittelbar wenig Möglichkeiten, ihr Album an die Menschen zu bringen. Was aber die Zufriedenheit der beiden Stimmen und Songwriter_innen der Band mit dem Album nicht wirklich trübt. Verena Doublier: «Ich freue mich, dass es das Album gibt, es ist eine Platte, die kann wirken über einen längeren Zeitraum, die ist ein bisschen aus der Zeit gefallen, auch, weil jetzt in dieser Zeit die Dinge ohnehin mehr Zeit benötigen.»

Prater WG: Im Leo
monkey music, ab 26. 6.
www.facebook.com/praterwgmusic