Wenn das Heizen zum Luxus wirdtun & lassen

Illustration: (c) Thomas Kriebaum

Klimazone (November 2023)

Letzte Woche gab es in meiner Wohnung ein kaltes Erwachen. Zuerst dachte ich mir, es sei meine Müdigkeit, die mich frösteln lässt. Doch bald war klar: Die Heizkörper sind kalt. Sofort schossen mir alle möglichen Gedanken durch den Kopf: Wo bekomme ich jetzt einen Installateur oder eine Installateurin her? Wie lange wird die Reparatur dauern? Und vor allem: Wie teuer wird sie? Nach wenigen Minuten war das Problem aber zum Glück gelöst. Ich hatte am Vorabend vergessen, die Heizung nach dem Lüften wieder aufzudrehen.

Bereits vor dem ­Ukraine-Krieg ­konnten sich über 80.000 Haushalte das Heizen nicht ausreichend leisten

In solchen kurzen Schockmomenten empfinde ich mein Leben immer als äußerst luxuriös. Nicht nur, weil ich es mir leisten kann, bereits im Herbst zu heizen, sondern weil ich zudem auch die finanziellen Ressourcen habe, einen Installateur oder eine Installateurin zu rufen und das sogar am Wochenende, wenn es sein muss. Diesen Luxus haben nicht alle Menschen, die in Österreich leben. Laut Statistik Austria konnten sich bereits 2021, also vor dem Ukraine-Krieg, mehr als 80.000 Haushalte das Heizen nicht ausreichend leisten. Ein durch geringes Einkommen erzwungener Verzicht auf Energie ist nicht die einzige Dimension von Energiearmut. Von energiearm spricht man auch, wenn jemand für das Heizen im Vergleich zum Einkommen überproportional viel ausgibt. Das traf 2021 auf mehr als 120.000 Haushalte zu. Besonders betroffen sind Haushalte mit niedrigem Einkommen, niedriger Bildung, ein-Personen-Haushalte und ältere Haushalte.
Die Bundesregierung hat Mitte Oktober ein Erneuerbaren-Wärme-Paket angekündigt. Der Einbau von Gasheizungen soll zwar im Neubau ab 2024 verboten werden, der verpflichtende Heizungstausch kommt jedoch nicht. Es wird auf Anreize und Freiwilligkeit gesetzt. Kritiker:innen bezeichneten das Paket als «Kniefall vor der Öl- und Gas-Lobby».
Wie der Ausstieg aus fossilen Heizungen funktionieren kann, hat Dänemark bereits vorexerziert. Dort wurde 1979 ein Wärmeversorgungsgesetz verabschiedet, das Staat und Gemeinden die Kompetenz in der Wärmeplanung einräumt. Zudem wurden die Gemeinden verpflichtet, die Nah- und Fernwärme auszubauen. 2013 wurden Öl- und Gasheizungen im Neubau verboten. Drei Jahre später folgte ein Verbot, alte Heizkessel gegen neue fossile Heizungen zu tauschen. Heute werden rund zwei Drittel der dänischen Haushalte über Fernwärme versorgt. In Kopenhagen sind es 98 Prozent.
Wir müssen raus aus Öl- und Gasheizungen. Dafür braucht es aber nicht rund 1,4 Millionen Individuallösungen, sondern übergeordnete Wärmepläne, Fernwärmeinfrastruktur und Grätzel-Lösungen. Es braucht einen sozialen Ansatz, der Energiearmut berücksichtigt und aktiv bekämpft. Immerhin leben von Energiearmut betroffene Haushalte häufig in älteren Gebäuden und zur Miete. Sie können selbst wenig an ihrem Heizsystem verändern, leiden aber besonders unter steigenden Energiekosten. Von nachhaltigen und auf Dauer billigeren Energiequellen wie Wärmepumpen dürfen nicht nur jene profitieren, die es sich leisten können. Gleiches gilt für die thermische Sanierung. Denn man kann eine Wohnung nicht warm halten, wenn es überall zieht.

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