Ein bravouröser Dokumentarfilm über einen «Bad Guy»
«Heute schaust wie ein pensionierter Volksschullehrer aus», bekommt Adolf Schandl gegen Ende des Dokumentarfilms I’m a bad guy von einem Bekannten zu hören. Der Achtzigjährige ist seit rund fünf Jahren wieder auf freiem Fuß – vorzeitig entlassen nach insgesamt rund 40 Jahren Schmalz.
Ein Auszug aus seiner Vita: Einbrecher und Bankräuber, später Ausbrecher aus dem «Felsn», wie von (Ex-)Insassen die Haftanstalt Stein bezeichnet wird, und zum Drüberstreuen noch Geiselnehmer in der Haftanstalt Graz-Karlau. Adolf Schandl zählt somit zu den prominentesten Verbrechern in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg, wobei er sich selbst natürlich nicht als solcher betrachtet, denn seine Auffassung von Recht und Gerechtigkeit weicht etwas von einer mehrheitsfähigen Linie ab.
Mit I’m a bad guy ist der Drehbuchautorin und Regisseurin Susanne Freund ein Bravourstück gelungen. Zuerst einmal muss man an jemand wie Adolf Schandl, der auch einige Jahre in Isolationshaft verbracht hat, rankommen. Solche Menschen sind in der Regel nicht sehr zugänglich, und schon gar nicht kamerageil. Ist diese erste große Hürde mal gemeistert, wird es aber erst richtig schwierig: Weder zu instrumentalisieren noch instrumentalisiert zu werden – und das ist Susanne Freund beeindruckend gelungen. Sie führt den Protagonisten nicht vor, keine Spur von Effektheischerei, eine diplomatische Distanz bleibt gewahrt. Dadurch vermeidet die Filmemacherin auch, selber manipuliert zu werden, denn eines ist klar: Adolf Schandl macht nicht ohne Kalkül mit, er verfolgt noch ein konkretes Ziel: Australien.
Von dieser Sehnsucht ausgehend, nach 50 Jahren noch einmal das fern liegende Land zu besuchen, erarbeitet Freund mit scheinbar lockerer Hand einen schwierigen Stoff im Fach Moral- und Rechtsphilosophie: was tun mit Leuten, die nach ihren eigenen Vorstellungen und Gesetzen handeln und dabei nicht vor Gewalt zurückschrecken? Willkommen in der Wirklichkeit, in die Susanne Freund führt, sicheren Schrittes auf einer Gratwanderung mit einem «Bad Guy».
Ab 11. Mai im Kino. Am 13.5 (Beginn: 17 Uhr) stellen sich im Anschluss an die Projektion Regisseurin Freund und der pensionierte Kriminalist Max Edelbacher im Votivkino (9., Währinger Straße 12) den Fragen des Publikums.