Sachbuch: ein feministisches Manifest
Durch die gläserne Decke sieht man die Macht, kann sie aber nicht ergreifen. Frauen, die die Decke durchbrechen, haben es geschafft. Grund zur Freude? Mitnichten, finden die Autorinnen des Manifests Feminismus für die 99 %: «Es interessiert uns nicht, die Glasdecke zu durchstoßen, um es dann der überwiegenden Mehrheit zu überlassen, die Scherben aufzukehren.» Der liberale Feminismus, der ein paar wenige Frauen mit Machtressourcen und Profit ausstattet, will, so Arruzza, Bhattacharya und Fraser, noch Dank dafür, «dass eine Frau und kein Mann die Gewerkschaft zerschlägt». Die Karrierefrau braucht halt weniger Schwestern im Geiste als eine (migrantische) Putzkraft, die keine Lohnerhöhung fordert.
In elf Thesen beschreiben die Autorinnen das Verhältnis des radikalen Feminismus zum Kapitalismus und seinen Krisen. Ihr Manifest ist Aufruf zum globalen Streik, doch es ist auch ein Archiv zentraler Bewegungsmomente von den polnischen Protesten gegen ein Abtreibungsverbot bis zur Solidarität kalifornischer Landarbeiterinnen mit den Anfängen von #MeToo in Hollywood.
Cinzia Arruzza,
Tithi Bhattacharya, Nancy Fraser:
Feminismus für
die 99 %
Matthes & Seitz 2019 108 Seiten
15,50 Euro