Wer sind die Umzingler?tun & lassen

Hypo-Schlamassel: «Die Totengräber der Transparenz sind umzingelt»

Die Hypo-Bank und die Aussicht, dass sie von der Regierung in einer Art abgewickelt wird, die den in der Zweiten Republik bisher größten Schaden für das öffentliche Vermögen stiftet, haben eine schon lange nicht gesehene gesellschaftliche Empörung hervorgerufen. Und das, obwohl ein wesentliches Kapitel erst recht stiefmütterlich behandelt worden ist: Durch illegale Waffengeschäfte mauserte sich die Hypo zum Big Player am Balkan; sie finanzierte den Krieg der kroatischen Nationalisten und Oligarchen gegen Jugoslawien.

Es ist derzeit nicht leicht, sich einen Überblick zu verschaffen, welche Akteur_innen sich heute in Österreich ins Zeug legen, um eine lückenlose Aufdeckung zu erzwingen und den Schaden von den Steuerzahler_innen fern zu halten. Täglich werden neue demokratische Initiativen bekannt, und vom Grad ihrer zukünftigen Vernetzung hängt es ab, ob es demnächst auch in Österreich zu Aufständen kommen wird, wie sie anderswo bereits «Alltag» sind. Wer steht – tatsächlich oder potenziell – hinter dem Aufstand?

Potenziell tun das die Gewerkschaften. Noch ist Loyalität des ÖGB zu Faymann groß, aber unter den Werktätigen und ihren Betriebsrät_innen gärt es. Andreas Martiner, Betriebsrat für 1700 Mitarbeiter beim Maschinenbauer Andritz, rechnete jüngst in einem «Kurier»-Interview vor: Bei einem Metall-Facharbeiter aus einer mittleren Gehaltsstufe machten die 2,8 Prozent Lohnerhöhung aus dem Herbst 64 Euro aus, davon bleiben netto 33 Euro über. «Das löst bescheidene Freude aus, weil für andere Dinge sind Milliarden vorhanden. Aber nach dem Hypo-Skandal jetzt auch noch den 12-Stunden-Tag als Thema ins Spiel zu bringen, ist nicht nur vom Timing her ein Wahnsinn. Da geht es schön langsam auch um die Glaubwürdigkeit der eigenen Partei, der SPÖ.» Nikolaus Kowall, Vorsitzender der bereits legendären, weil notorisch quertreibenden «Sektion 8» der SPÖ Wien, hat die Idee formuliert, an der Gewerkschaften Gefallen finden sollten: «Will die SPÖ-Führung das Jahr 2014 politisch überleben, sollte sie dringend die letzte Chance ergreifen und eine Vermögensabgabe zur Finanzierung der Hypo-Schulden ins Zentrum einer Kampagne rücken.»

Heraus aus den Betten – bildet Menschenketten!

Dass Gerhard Kohlmaiers Verein «Steuerinitiative im ÖGB» bereits seit 1999 existiert und auf eine Kontinuität des Kampfes gegen die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums auf eine elitäre Minderheit der Superreichen zurückblicken kann, ist freilich kein Verdienst der österreichischen Gewerkschaften. Im Gegenteil, bisher haben sich ÖGB-Bosse immer wieder abgegrenzt von den Forderungen der Steuerinitiative. Die Gruppen, die dem Aufruf Kohlmaiers gefolgt sind und auf dessen Initiative eine «Volksabstimmung von unten» gestartet haben, kommen nicht aus der ÖGB-Welt, sondern eher aus dem Sammelsurium soziokultureller Initiativen. Eine davon, der Aktionsradius Wien, lädt für Dienstag, 29. April, zur Diskussionsveranstaltung «Von der Kritik zum Aufstand?» ein. Neben Kohlmaier wird der Wirtschaftswissenschafter Alfred Stiassny und der Jurist Karl Staudinger (Bruder des Waldviertler Schuhrebellen Heini Staudinger) auf dem Podium sitzen (19.30 Uhr, Gaußplatz 11). Eine weitere Gruppierung dieses Netzwerks, die Solidar-Werkstatt, ruft für Montag, 28. April, zu einer Menschenkette rund um das Parlament auf (18 Uhr). Die Steuerinitiative erinnert an das isländische Beispiel: Dort fand eine Volksabstimmung statt, in der die Menschen darüber entschieden, wie die Gesellschaft mit gescheiterten Großbanken umzugehen habe.

Sehr weit gediehen ist die Vernetzung der bankenkritischen Kräfte in der Steiermark. Dort fand am 4. April die bisher größte Demo gegen die Hypo-Geheimniskrämerei und für einen Untersuchungsausschuss statt. Mobilisierungsfaktor war die Facebook-Seite »Kundgebung für sofortige Hypo-Aufklärung». Mehrere hundert Empörte zogen durch Graz. Die Redner_innenliste (unter ihnen Werner Kogler, Finanzsprecher der Grünen; Werner Murgg, KPÖ-Landtagsabgeordneter; Bernhard Lugger, attac Österreich; Margit Pichler, Obfrau des Patchwork Familien Service) drückte das politische Spektrum der sozialen Bewegung in Graz aus. «Wir lassen uns die Zukunft unserer Kinder nicht verzocken!», hieß die Parole Margit Pichlers – eine Idee, die tatkräftige und österreichweite Verbreitung verdient.

Kogler – der logische UA-Vorsitzende

Werner Kogler scheint immer mehr zum Sprecher der bankenkritischen Bewegung im Parlament zu werden – und wird von vielen Engagierten als logischer Vorsitzender des parlamentarischen Untersuchungsausschusses betrachtet. Er gehe davon aus, dass ein solcher auf Dauer nicht abgeblockt werden könne, sagte er in einem «Wirtschaftsblatt»-Interview: «Die Totengräber der Transparenz sind umzingelt und werden noch vor dem Sommer aufgeben. Dieser Skandal ist einfach zu gigantisch in der Dimension. In das durch die Untätigkeit der Regierung entstandene Finanzloch passen alle bisherigen Skandale dieser Republik, von den Eurofightern über die Telekom bis zur AKH-Affäre. Eine Kaskade der Verantwortungslosigkeit hat hier zu einer Vervielfachung des Schadens geführt. Das gehört restlos aufgeklärt, wirklich restlos.»

Gute Chancen, schlussendlich auch Massen zu mobilisieren, werden der Bürger_inneninitiative «Tatort Hypo» rund um den Kabarettisten Roland Düringer, den Filmemacher Erwin Wagenhofer («We Feed the World») und die Betriebswirte Günther und Christoph Robol zugesagt. Mit rund 6000 Unterstützungserklärungen wurde ihr Anliegen inzwischen an den parlamentarischen Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen zugewiesen. Schließlich ist die Online-Petition für einen Hypo-U-Ausschuss zu nennen. Unterstützungswillige können bis Juni auf der Website des Parlaments direkt die Forderung nach Einsetzung eines Hypo-U-Ausschusses gutheißen. Die Schallmauer von 100.000 Unterstützungserklärungen war innerhalb weniger Tage durchbrochen.