Whole Lot Of Strange DaysArtistin

Musikarbeiter unterwegs … Wien, Irland, Bad Ischl, Ho Chi Minh City

Ein halbes Jahr verzögert erscheint jetzt das neue Album des Wiener Musikers Bernhard Schnur, eingespielt in Irland.

Text: Rainer Krispel
Foto: Mario Lang

Eigentlich hätte Return Of The Bees im März veröffentlicht und im AUGUSTIN gewürdigt, die Geschichte seines Entstehens erzählt werden sollen. Dazu sprachen wir Ende Februar im Café Heumarkt miteinander, Mario Lang fing das Licht ein. Als Bernhard Schur und der schreibende Musikarbeiter sich Anfang September treffen, um sich zur jetzt tatsächlich erscheinenden Sammlung von 13 der besten Lieder des Songwriters, Sängers und Gitarristen – als 14. Song ist das Traditional Freedom (Motherless Child) zu hören, das mit Richie Havens’ Adaption und Woodstock assoziiert wird – in neu eingespielten und produzierten Versionen und dessen Präsentationskonzert upzudaten, wird mir im Laufe des Gespräches etwas bewusst. Die Mulmigkeit, die ich mit dem schönen Austausch (wie immer mit dem früheren Snakkerdu-Densk-Musiker und substanziellen Solokünstler) im Februar aus heutiger Sicht verbunden habe, war eine Corona-Geschichtsfälschung – vom Virus war noch keine Rede. Das tatsächliche Luxusproblem war – wohin gehen? Wären doch am Freitag, dem 20. März die Präsentation von Bernhards Album mit Band (mit der er selten spielt), die erste Abschlussgala des Akkordeonfestivals mit Attwenger und die Präsentation von Petra und der Wolf (findet jetzt hoffentlich am 15. 10. im Fluc statt) angesetzt gewesen. Unter anderem – nichts davon fand statt.

I might have replaced a few guitars.

«Das Vertrauensverhältnis ist eben so groß», umriss Bernhard im ersten Gespräch das Verhältnis zu Kieran Kennedy, der das Album aufnahm und produzierte. Kieran und seine Frau Maria Doyle Kennedy (The Commitments) sind irische Freund_innen des Songwriters, kurioserweise kurz nach unserem ersten Gespräch eines Opernbesuchs wegen in Wien. An diesem ersten Märzwochenende tauchten konkrete Manifestationen des vermaledeiten Virus auf, in Wien und Irland, so wie derzeit ein abermaliger Lockdown durch eine zunehmend verunsicherte Gesellschaft lichtert. Fern davon wurde vorher mit Blick aufs Wasser im irischen West Cork (Schull) aufgenommen. Aus geplanten «sieben wurden fünf, drei und letztlich zwei Tage». Bernhard spielte nach dem Aufstehen Versionen von Songs aus seinem Solo-Fundus und der Snakkerdu-Densk-Diskographie ein, Kieran stellte einen Clicktrack ein, über Nacht machte er den entspannten Versionen einen Sound. Freedom war den beiden von einer gemeinsamen Schweiz-Tour mit den Kennedys geläufig. «Wir haben Tränen gelacht bei der ganzen Aktion», erinnert sich Schnur.

Jetzt bin ich über den Berg.

Wochen später schickte Kieran acht Songs nach Österreich, mehr vom eingespielten Material wollte er nicht verwenden. Darüber, ganz Produzent, war nicht zu reden. «Da mach ma a Platte», meinte Alexander De Goederen, Labelbetreiber von Plag Dich Nicht, wo Schnurs Musik erscheint, beim Hören. Eine zweite Session in Dublin folgte, abermals bearbeitete Kieran Kennedy diese. So war The Return Of The Bees schließlich komplett, mit teils massiv veränderten Versionen von Perlen Schnur’scher Songkunst wie Bül Bül, Tree, Ho Chi Minh City oder Danser Danser Danser, sein ausproduziertestes Album – «sonst habe ich immer nur mit musikalischen Beratern gearbeitet». «Meine Versionen der Songs, so wie ich sie sehe, gibt es ja.» Die erste Corona-Zeit, die die ganze Arbeit am Album vorerst «schluckte», reflektiert Bernhard heute so: «Ich bin zwei Monate in so einem manisch-depressiven Zustand rumgesessen.» Lichtblick waren Spaziergänge durch einen – «das war phantastisch, traumhaft, wie in einem Film» – menschenleeren ersten Bezirk. Anfang Juni kam dann in der Wohnung wieder ein Lied, ein schnelles, diese Stimmung reflektierend, eine «positive musikalische Form, da habe ich gemerkt, jetzt bin ich über den Berg.» Nicht mehr «zugepickt mit dem Wort Corona» entstand ein zweiter Song. Trotz ungeklärter Livesituation – die Kreativität war zurück, die Arbeit an neuen Songs ein Lebensfokus. Bei einem Sommeraufenthalt in Bad Ischl, in der Villa Blumenthal (wo Im weißen Rößl entstand), Domizil des Labelchefs, entstand am Dachboden weitere Musik, dabei vollzog sich langsam ein Wandel im Gitarrenspiel, weg vom «Schrammeln« hin zum leiseren, subtileren Fingerpicking – die Musik des Bernhard Schnur geht weiter.

Bernhard Schnur: Return Of The Bees (Plag Dich Nicht)
Live, mit Band:
Sa., 26. September
17., Steinergasse 8
ab 18 Uhr (22 Uhr Curfew)