Wie es den Menschen geht, geht uns alle anArtistin

Performancekunst in Wien: Elisabeth Bakambamba Tambwe

Elisabeth Bakambamba Tambwe ist Performerin in Wien. In ihren Arbeiten verteidigt sie die Integrität der Menschen gegen Ausbeutung und Gewalt. Alexander Behr hat die Künstlerin bei den Wiener Festwochen zum Gespräch über Performancekunst, Feministinnen und die Arbeit Schwarzer Frauen in Wien getroffen.

Foto: Sabine Hauswirth-Icons Of Motion-inKoop-TQW

Sie leben und arbeiten seit geraumer Zeit als Künstlerin in Wien. Wie beschreiben Sie Ihre Arbeit?

Ich komme aus dem Bereich der Bildenden Künste. Ich begann mit Malerei und habe mich dann auch der Bildhauerei gewidmet. Später habe ich auch mit verschiedenen Formen von Installationen und Skulpturen gearbeitet, die die Position des Körpers im Raum behandeln. Ich komme ursprünglich aus der Nähe von Lille und habe dann in Paris gearbeitet. Als ich einmal auf Tour war, kam ich auch durch Wien – und bin hiergeblieben. Nun lebe ich seit über zehn Jahren hier.

Hier in Wien ist es mir gelungen, meine beiden liebsten Ausdrucksformen, die Bildhauerei und den Tanz, also die Arbeit mit Bewegung, Gestik und Gebärden, miteinander zu verbinden. Das erste Stück, das ich hier entwickelt habe, hieß «React in silence, please!» In diesem Stück ging es vor allem um den Körper der Frau, der so oft enthumanisiert und zum Objekt gemacht wird.

Bei den Wiener Festwochen sind Sie mit der Performance «Congo Na Chanel» aufgetreten. Das Publikum konnte nicht einfach sitzen und zusehen, sondern war aufgefordert, sich mit dem Stück mitzubewegen.

Bei «Congo Na Chanel» handelt es sich um eine Performance-Installation. Ich habe sehr viel darüber nachgedacht, wie ich dieses Projekt präsentieren könnte. Zunächst hatten wir die Idee, ausschließlich eine Installation zu machen, bei der sich das Publikum mitbewegen sollte. Doch nach und nach ist der performative Teil der Arbeit ebenso wichtig geworden wie die Installation. «Congo Na Chanel» ist ein ziemlich hybrides Stück – eine Art Collage zwischen verschiedenen Medien: Video, Audiokunst und Performance-Elementen.

Worum geht es in «Congo Na Chanel»?

Es geht um die Situation im Kongo. Ich arbeite in unmittelbarer Tuchfühlung mit den Besucher_innen des Stücks und zwinge sie auf diese Weise, über Probleme nachzudenken, die ihnen oft so fern ihrer Realität erscheinen.

Wir alle sind abhängig von den enormen Reichtümern des Kongo. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Großmächte, aber auch die Nachbarländer des Kongo sowie lokale Milizen ständig auf der Jagd nach den Rohstoffen des Landes sind. Der Kongo wird von den unterschiedlichsten Gruppen auf höchst missbräuchliche Weise ausgebeutet – und das seit sehr langer Zeit. Der Titel spielt auf die Fertigprodukte ab, die wir dann hier in Europa konsumieren –, seien es Handys oder andere Konsumgüter. Diese Dinge glänzen und erscheinen wunderschön. Wir benutzen sie tagtäglich, ohne darüber nachzudenken, was eigentlich dahintersteckt und wie sie hergestellt wurden. Wir alle haben sozusagen ein wenig Blut an den Händen.

Sie denken also, dass wir mitverantwortlich sind und deshalb aktiv werden sollten?

Ja, wir sollten uns alle verantwortlich fühlen. Für mich ist das nicht nur eine Sache, die Menschen aus Afrika etwas angeht. Ich denke, es handelt sich hier um ein Problem der gesamten Menschheit. Rund um den Kivu-See im Osten des Kongo ist die Situation ganz besonders schlimm. Menschenrechte existieren dort praktisch nicht. Wir wissen alle genau, dass in dieser Region für den technologischen Fortschritt die Rechte der Frauen geopfert werden. Sie werden nicht nur mit Penissen vergewaltigt, sondern mit gefährlichen Gegenständen. Die Milizen attackieren die Frauen, indem sie versuchen, ihre Geschlechtsteile zu zerstören. In dieser Region, in der Stadt Bukavu, gibt es einen großartigen Arzt mit dem Namen Denis Mukwege, der sich zur Aufgabe gemacht hat, die Frauen zu behandeln, die auf diese schreckliche Weise vergewaltigt wurden. Die Situation im Osten des Kongo sollte alle Menschen, und vor allem alle Feministinnen dieser Welt, wachrütteln. Ich persönlich sehe mich als Frau, als Künstlerin, als Mensch betroffen und verantwortlich.

Wie wurde Ihre Arbeit von den feministischen Kontexten in Wien aufgenommen?

Um ehrlich zu sein, war ich zu Beginn nicht sehr begeistert. Ich muss sagen, dass sich nur wenige Feministinnen für das interessiert haben, was ich hier tue und was mich bewegt. Schwarze Frauen werden in vielen Milieus nicht gebührend wahrgenommen, ihre Arbeit wird nicht genug wertgeschätzt. Ein Festival wie dieses hier ist großartig für mich, denn es gibt mir die Möglichkeit, all diese Themen zur Diskussion zu stellen. Dabei geht es mir vor allem darum, das Bewusstsein der Menschen zu dekolonisieren. Ich will, dass wir beginnen, anders zu denken. Wir müssen die Misere, vor der wir stehen, transformieren, um voranschreiten zu können. Dazu sollte auch der Raum dienen, den ich mit «Congo Na Chanel» hergestellt habe.

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