Wie lustig ist das Zigeunerleben?Artistin

"Peskere jakhenca - mit eigenen Augen": Fotoprojekt in Roskovce, Zentralslowakei

Roma-Kinder fotografieren ihr Dorf in der Slowakei. Viele Bilder überzeugen durch ihre Authentizität und Spontaneität und auch Naivität. Doch markieren sie auch ein neues Kapitel in der Roma-Fotografie? Tipp für schnelle Augustin-KäuferInnen: Die Ausstellung ist nur mehr bis 15. Februar in Wien zu sehen. Und im April in Brno.Im Schulbus gilt die klare Regel: Weiße Kinder sitzen, farbige stehen (oder nehmen ganz hinten Platz). So war es in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in den Südstaaten der USA, und so ist es noch heute in der Slowakei. Roma-Kinder müssen stehen. Sie sind Menschen zweiter Klasse. Das erzählt Barbara Tiefenbacher, die im Rahmen des Europäischen Freiwilligenjahres eineinhalb Jahre in Roskovce gelebt und gearbeitet hat.

Wie in dem zentralslowakischen Dorf, so im ganzen Land: von Integration keine Spur. Roma sind Ausgesperrte, Benachteiligte, Unterdrückte. Aber sind sie nicht auch eine stolze Volksgruppe? Und wie steht es überhaupt um das Zigeunerleben, das bekanntlich lustig sein soll?

Welches Bild trifft nun zu? Lassen wir die Betroffenen selbst die Antwort geben! Das sagten die Slawistin Tiefenbacher, die in Prag außerdem Romistik (die Roma-Wissenschaft) studiert hatte, zusammen mit ihrem Partner, dem Historiker Stefan Benedik-Karner. Zusammen initiierten die beiden Österreicher das Fotoprojekt Peskere jakhenca mit eigenen Augen in Roskovce: Dazu gaben sie im Juni letzten Jahres einfache Kompakt-Kameras, die sie im Freundeskreis gesammelt hatten insgesamt etwa 30 Stück , an Roma-Kinder und -Jugendliche aus, mit der Aufgabenstellung, ihre eigene Welt zu fotografieren, das, was ihnen interessant erschien. Dazu eine kleine Anleitung, wie die Kameras zu bedienen sind.

Und schon konnte es losgehen. Jeder Teilnehmer hatte einen Film zum Fotografieren. Für das Projekt war ein ganzer Tag anberaumt, doch nach zwei Stunden waren bereits alle Bilder geschossen, 1600 an der Zahl. Zusammen mit den Teilnehmern wurde eine Auswahl getroffen und für eine Fotoausstellung zusammengestellt, die zuerst im Schulhof des slowakischen Dorfes zu sehen war, dann in Graz und nun bis 15. Februar Station in Wien macht, in der Galerie auf der Pawlatsche (Altes AKH, Slawistik-Institut, Spitalgasse 24, 1090 Wien), bevor sie nach Prag weiterreist.

Ein Kind hat seine Mutter fotografiert. Ein anderes Autos im Dorf. Wieder ein anderes Schweine, die geschlachtet werden. Zusammengekommen ist so etwas wie eine Momentaufnahme des alltäglichen Dorflebens.

Einmal mehr wird uns bewusst, dass die Fotografie eine sehr demokratische Kunstform ist. Während der Klavierspieler erst einige Zeit üben muss, bis er sein Instrument beherrscht, kann der Fotograf sozusagen gleich loslegen. Sein Metier erfordert weder spezielle Kenntnisse noch eine aufwändige Ausrüstung. Manchmal kann es sogar von Vorteil sein, wenn er sich frisch und frei und ohne größere Überlegung ans Werk macht. Viele Roma-Bilder überzeugen durch ihre Spontaneität und Authentizität und auch Naivität. Im Handumdrehen ist den kleinen Fotografen etwas gelungen, wozu große Meister all ihre Wissen und Können aufbieten müssten.

Und was für ein Bild der Roma wird uns nun vermittelt? Das hängt ganz vom Betrachter ab. Wer Elend sehen möchte, sieht Elend. Wer eine bunte Gesellschaft sehen möchte, sieht eine bunte Gesellschaft. Es ist ein ehernes Gesetz, dass jeder seine subjektive Sicht mit einbringt die Absicht des Künstlers spielt oft eine überschätzte, weil untergeordnete Rolle. Wir betonen das hier, weil Tiefenbacher und Benedik-Karner ihre Serie bewusst von der herkömmlichen Roma-Fotografie abgrenzen. Die konzentriere sich nur auf das Elend, die erfolge nur von oben herab, die nehme den Porträtierten all ihre Würde, sagen sie. Bei ihrem Projekt würde den Roma hingegen auf Augenhöhe begegnet.

Das hört sich edel und tapfer an. Fragt sich nur, ob es auch zutrifft. Eher nicht, wenn man einen Vergleich zieht mit den Roma-Aufnahmen des Salzburger Fotografen Kurt Kaindl (in Der Rand der Mitte. Reisen ins unbekannte Europa, Edition Fotohof im Otto Müller Verlag, 2006). Das sind Dokumente größten Feingefühls! Ich möchte mal so sagen: Man muss nicht unbedingt Rom oder Romni sein, um Roma mit Respekt zu begegnen. Und: Man macht sich nicht unbedingt besser, indem man andere schlecht macht.

In einer anderen Hinsicht stimmt das Projekt aber hoffnungsvoll: Rund um das geplante Asylantenheim im Burgenland erlebten wir zuletzt ein wahres Trauerspiel (oder eine Farce) der österreichischen Politiker, und am meisten wurden wie wieder einmal von der SPÖ enttäuscht, die meint, die FPÖ rechts überholen zu müssen. Doch in den Amtsstuben scheint es doch noch recht vernünftige Leute zu geben: Dieses Foto-Projekt wurde von den Kulturämtern der Steiermark und Niederösterreich gefördert.

Informationen: www.benedik.cc/owneyes/