Immo Aktuell
Das Palais Auersperg steht zum Verkauf. Und das nicht zum ersten Mal. Das mondäne Barockgebäude hat eine wechselvolle Geschichte. Zuletzt diente es als Spekulationsobjekt zwielichtiger Gesellschaften.
Text: Christian Bunke
Illustration: Much
Für die meisten Menschen ist Monopoly nur ein lustiges Brettspiel. Man baut ein Immobilienimperium auf, treibt seine besten Freund_innen mit Wuchermieten in den Ruin und wird dafür von allen gehasst. Aber hoffentlich nur so lange, bis man eine Runde Kaltgetränke spendiert hat. Eine sehr kleine Schicht von Menschen spielt Monopoly mit echten Häusern, echtem Geld und dem Schicksal echter Menschen. Ein aktuelles Beispiel ist das Palais Auersperg in der Auerspergstraße 1, zwischen Justizpalast, Parlamentsgebäude und Rathaus gelegen.
Prunk und Widerstand.
Prunk wird in dem von 1706 bis 1710 nach Entwürfen der Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach und Johann Lucas von Hildebrandt errichteten Haus großgeschrieben. Elf barocke Räume bieten Platz für Bälle, Hochzeiten und Konzerte. Zu den Highlights gehören ein prächtiger Stiegenaufgang mit Brunnen und der Rosenkavaliersaal, der als Inspirationsquelle für Hugo von Hofmannsthal diente. Im Innenhof verbirgt sich ein Park. Dazu später mehr.
Eine gewisse historische Bedeutung hat das Haus auch für die Geschichte des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. In der Endphase diente das Palais Auersperg als Versteck für die Mitglieder des provisorischen österreichischen Nationalkomitees, der Nachfolgeorganisation der bürgerlich geprägten Widerstandsgruppe O5. Auf einer an der Außenfassade des Palais angebrachten Gedenktafel ist zu lesen: «1945 versammelten sich in diesem Hause österreichische Patrioten, verhinderten die Zerstörung von Wien und legten den Grundstein für ein freies Österreich. Im Gedenken der Opfer – die österreichische Widerstandsbewegung». Später fungierte das Palais als Hauptquartier der interalliierten Militärpolizei.
Über die Öffnung des Parks im Innenhof wird derzeit im Bezirk viel diskutiert. Der bietet immerhin 6.000 Quadratmeter Platz. Die Josefstadt ist in Wien Spitzenreiterin bei der Bodenversiegelung, Öffentlicher Grünraum ist hier Mangelware. Die Bezirkspolitik fordert die Öffnung des Innenhofs schon seit einigen Jahren. Auch die Hauptmieterin im Palais – die Belco Palaisvermietungs GmbH – kann dem einiges abgewinnen. Allerdings soll die Stadt für eventuell durch Parkbesucher_innen verursachte Schäden geradestehen. Und an manchen Tagen will die Belco den Park für sich alleine haben, um Events dort abhalten zu können.
Da könnte man sich fast einig werden, wenn, ja wenn, die Eigentumsverhältnisse endlich geklärt wären. Die sind wechselhaft und mit diversen Wirrungen gespickt. 1953 erwarb jedenfalls der Eigentümer des Unternehmens Arabia Kaffee, Alfred Weiß, das Gebäude. Er eröffnete dort unter anderem einen Kaffeehausbetrieb mit 600 Sitzplätzen. Nach seinem Tod verkauften dessen Erbinnen zunächst das Unternehmen an Julius Meinl und später, im Jahr 1987, das Palais an die General Partners AG. 2006 ging das Haus an einen ausländischen Privatmann. Der verkaufte im Jahr 2008 an die Auersperg Real Estate GmbH. Der damals vom Verkäufer vorgeschlagene Richtwert betrug 33 Millionen Euro.
Von der Josefstadt nach Liechtenstein.
Im Jahr 2012 geriet die Auersperg Real Estate in schwieriges Fahrwasser. Am 24. März berichtete der Kurier, dass die GmbH einen Kredit in Höhe von 1,5 Millionen Euro nicht an die Bank Austria zurückzahlen konnte. Das Palais Auersperg wurde unter Zwangsverwaltung gestellt. Der Kurier bemühte sich damals, die Gesellschafter der GmbH ausfindig zu machen, und stieß auf «zwei Firmen mit Sitz in Liechtenstein». Geschäftsführer sei «ein Holländer». Die Recherche war wohl schwierig: «Er (der Geschäftsführer) war für den Kurier nicht erreichbar. Auch im Firmenbüro im 4. Bezirk hebt niemand ab.»
In den folgenden Jahren spitzte sich die Lage weiter zu. Ende 2020 wurde das Konkursverfahren über die Auersperg Real Estate eröffnet. Laut Kreditschutzverband gibt es nicht weniger als 16 Gläubiger_innen mit Forderungen in Höhe von 45 Millionen Euro. Der Insolvenzverwalter hat davon knapp 16 Millionen Euro anerkannt. Der Löwenanteil dürfte der Bank Austria gehören – laut Kurier vom 2. März 2021 beansprucht sie Schulden in Höhe von 15,8 Millionen Euro. Gegen die Geschäftsführer der Auersperg Real Estate soll ein Verfahren bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft anhängig sein.
Öffentlicher Bedarf.
Bleibt die Frage, ob die Stadt das Palais kaufen könnte. Die wartet das geplante Schätzgutachten des Insolvenzverwalters ab, mit dem der aktuelle Wert des Gebäudes ermittelt werden soll. Ist das Haus zu teuer, wird nicht gekauft. Aber wie wäre es mit Enteignung? Allein wegen der Grünfläche besteht durchaus öffentlicher Eigenbedarf. Dann wäre auch mit dem Dauer-Monopoly Schluss.