Lokalmatadorin
Maja Zuvela-Aloise hat auf der Hohen Warte die Veränderungen des Stadtklimas vor sich.
TEXT: UWE MAUCH
FOTO: MARIO LANG
Manchmal verlässt die Klimaforscherin ihre Rechenmodelle am Computer, um im großzügig angelegten Garten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik aktiv Klimaschutz zu betreiben. Maja Zuvela-Aloise leitet in dieser altehrwürdigen wissenschaftlichen Einrichtung eine kleine Fachabteilung, die unter anderem Modelle für eine «klimasensitive Stadtplanung» berechnet.
Ihr Weg führt sie über eine Wiese an den Rand des grünen Areals auf der Hohen Warte, zu ihrem Bienenstock. «Die Bienen habe ich nach meiner Ausbildung in der Wiener Imkerschule geschenkt bekommen», erzählt Maja Zuvela-Aloise. Den Stock hat ihr die private Initiative «Hektar Nektar» vermacht. Diese verfolgt das Ziel, dem Bienensterben aktiv entgegenzuwirken.
Klimawandel.
Sie beobachtet und beschreibt die Veränderungen des Klimas von der Warte der Wissenschaft. Seit zehn Jahren berechnet die Meteorologin und Klimatologin eigene Klimamodelle für Städte, forscht unter anderem auch über den Einfluss des Klimawandels auf Wien.
Der Befund der promovierten Wissenschaftlerin ist eindeutig: «Wien wird wärmer.» Daher sei es jetzt dringend notwendig, gemeinsam mit anderen Institutionen und fachlichen Disziplinen, neue «Klimaanpassungsstrategien» zu entwickeln, zu testen und dann auch großflächig anzuwenden.
Maja Zuvela-Aloise und ihr Team werten Messdaten der Zentralanstalt und anderer Institutionen aus und stellen ihre Rechenmodelle im Gegenzug einer großen Expert_innen-Runde zur Verfügung.
Sie sind Teil eines größeren Ganzen: Landschaftsplaner_innen erforschen, welche Pflanzen zur Kühlung der Stadt geeignet sind. Aus der Baubranche und von Architekt_innen kommen Vorschläge für neue innovative Materialien. Die Energiewirtschaft möchte wiederum wissen, inwiefern die Kühlungseffekte den Energiebedarf der Stadt verändern können. Mediziner_innen diagnostizieren, wie sich die Hitze auf die Gesundheit der Stadtbevölkerung auswirkt.
Mikroklima.
Nomen est omen? Angesprochen auf ihren Vornamen, antwortet Maja Zuvela-Aloise mit einem entspannten Lächeln. Ja, erzählt sie dann, auch sie habe als Kind die «Biene Maja» im Fernsehen gesehen. Doch ihr Name hat wenig mit ihrem Bienenstock zu tun, mehr mit dem Soziotop, in dem sie aufgewachsen ist: «In Vela Luka, unserer kleinen Hafenstadt auf der dalmatinischen Insel Korčula, ist Maja die Koseform von Marija.»
Als Kind geprägt, sagt die Naturwissenschafterin, hätten sie das Mikroklima der Insel und die Spezifika des adriatischen Meeres. Dazu kamen das positive Klima für Forschung in ihrem privaten Umfeld: «Meine Mutter und meine ältere Schwester sind Zahnärztinnen, mein Vater ist ein logisch denkender Chemiker. Besonders gefördert hat mich auch ein sehr engagierter Physiklehrer in der Grundschule von Vela Luka.»
Nach dem Studium der Physik und Geophysik in Zagreb (mit dem Fokus auf Ozeanografie) übersiedelte sie für drei Jahre an die Universität in Kiel. Dort fand sie ideale Arbeitsbedingungen vor und lernte auch ihren Mann kennen. «Nur das nichtmediterrane Klima an der Nordsee war mir auf Dauer zu kühl.»
Nach einem dreijährigen Aufenthalt in Kärnten, der Geburt ihrer Tochter und einem interessanten Job bei einem IT-Unternehmen in Gumpoldskirchen, das meteorologische Modelle zur Luft- und Wasserqualität berechnet, begann sie im Jänner 2010 in der weit über Wien hinaus bekannten Zentralanstalt auf der Hohen Warte zu arbeiten.
Klimaschutz.
Die Fachabteilungsleiterin arbeitet gerne im Team, so wie ihre Bienen im Bienenstock. Sie hat gute Gründe dafür: «Das Klima schützen kann niemand alleine, dafür braucht es viele fleißige Bienen, die sich gegenseitig helfen.»
Die Bemühungen der Stadt Wien beurteilt sie als überdurchschnittlich gut, vor allem im Vergleich zu anderen großen Städten: «Es gibt in Wien ein großes Interesse am Thema und inzwischen auch viel Know-how. Nur beim konkreten Umsetzen ist es weiterhin schwierig. Manchmal habe ich das Gefühl, dass nicht genügend passiert.»
Mit dem Fachwissen alleine sei es nicht getan, weiß die Klimatologin. Auch das Bewusstsein müsse gestärkt werden: «Das an sich gut gemeinte Setzen von ein paar hübschen Bäumchen in den Innenstadt-Bezirken hilft nicht wirklich weiter, wenn zeitgleich am Stadtrand Grünflächen oft nur aus Bequemlichkeit als Bauland versiegelt werden.»
Klimaschutz sei allerdings auch Privatsache, fügt Maja Zuvela-Aloise hinzu. Daher erklärt sie ihren Nachbar_innen unter anderem: «Bitte schneidet eure alten Bäume nicht um. Sie tragen mehr zur Kühlung und zum Klimaschutz bei als neue Klimaanlagen.»