„Willst du mit mir spielen?“Artistin

Interview zu Pawel Althamers Secessions-Projekt

Althamer.jpgKurz vor Eröffnung seiner Ausstellung fand Pawel Althamer Zeit für ein Interview. Während des Projekts war er nicht in Wien.

AUGUSTIN: Es gibt Fotos aus den frühen 80er Jahren, auf denen du und ein Freund als Urzeitmenschen verkleidet seid. Auch wir sitzen um eine Feuerstelle.

PAWEL ALTHAMER: Das Lagerfeuer ist ein Treffpunkt, ein Ort der Kommunikation. Außerdem glaube ich an die Kunst, die sich aus dem Agieren mit der Welt, den Menschen und unmittelbaren Dingen entwickelt.

Kannst du dich an dein erstes Kunstwerk erinnern?

Da ich bereits Künstler bin, interpretiere ich meine Erinnerung natürlich. Zuerst denke ich an die Spiele meiner Kindheit, an das Bauen von Häusern aus dem Nichts. Oder man hat Ideen wie: Machen wir Lärm für die Nachbarn, Lass uns Feuer machen Rituale wie diese.

Wann ist der Wunsch entstanden, Künstler zu werden?

Ich habe im Spielen mit anderen Kindern früh erkannt, dass ich bereits ein Künstler bin. Formal gesehen hat sich der Wunsch, Künstler zu sein, während der Akademie der Künste entwickelt. Aber die Entscheidung, an die Akademie zu gehen, hatte nichts damit zu tun. Ich habe mich damit nur gegen das Militär entschieden, das ich sonst absolvieren hätte müssen.

Im Mittelpunkt deiner Projekte stehen soziale Aspekte, da scheint die Form auf den ersten Blick vernachlässigbar. Dennoch hat der Tunnel etwas Skulpturales.

Das hat wiederum mit Austausch und gegenseitiger Inspiration zu tun. Wir haben das gemeinsam hier entwickelt. Außerdem habe ich eine klassische Ausbildung als Bildhauer und Maler.

Du lädst vor allem Außenseiter ein, an deinen Projekten teilzuhaben. Ist es soziale Verantwortung, die dich anspornt?

Verantwortung ist nicht der erste Grund. Ich bin inspiriert von anderen Menschen und der sogenannten Realität. Und die Frage aus der Kindheit kommt wirklich zurück: Willst du mit mir spielen? Ich denke: Mach mit! Deine momentane Beschäftigung sieht nicht so lustig aus, ich glaube, dir ist langweilig. Da ist dieses Bewusstsein, dass ich Teil der Gesellschaft bin.

Siehst du, soziologisch betrachtet, große Unterschiede zwischen Obdachlosen z. B. in Warschau, wo du lebst, und hier in Wien?

Die Obdachlosen in Wien haben mehr Luxus, werden mehr unterstützt, weil hier die Gesellschaft besser organisiert ist. Das ist mein erster Eindruck. Im Hinblick auf die Ähnlichkeiten muss man sagen, dass sich sehr viele arme Menschen einsam fühlen, ungeliebt. Sie sind isoliert.

Welche Inspiration ist die Kunst selbst für dich? Du wirst oft mit deinem Landsmann Tadeusz Kantor in Verbindung gebracht, auch Joseph Beuys Begriff der sozialen Skulptur fällt immer wieder.

Beuys Aktivitäten und die anderer Künstler habe ich sehr früh wahrgenommen. Mein Gefühl sagte mir sofort: Das ist okay, dieselbe Welle, auch eine Art Mission. Auf der Akademie hatte ich einen großartigen Professor, Grzegorz Kowalski. Er war ein guter Vermittler und gab mir den Mut, genauso fähig zu sein zur Interpretation.

Du gibst den Menschen, den anderen, wie es im Titel der Ausstellung heißt, ebenfalls Raum zur Interpretation. Es gibt auch eine Bühne hier.

Es interessiert mich, was die Menschen sagen wollen, ich weiß es nämlich nicht. Jeder hat seine eigenen Eindrücke.

Warst du jemals enttäuscht von der Reaktion auf ein Projekt?

Als ich jünger war und weniger erfahren mit Kunststrategien, hatte ich oft Angst. Auf einer ähnlichen Show wie hier, 1997 in der Foksal Foundation Gallery, startete eine ältere Frau den Aufruf, das Projekt zu attackieren. Da ist nichts drin! Das ist ein Witz! Manipulation! Wer hat das gemacht? Und wofür? Da ist kein Bild, keine Skulptur. Ich will nicht verarscht werden. Einige Mitglieder meiner Familie waren in der Ausstellung, meine Tante stand auf und sagte: Wie können Sie so reden? Ich bin hier! Schauen Sie sich um, hier sind noch andere Menschen, zwei Fenster, eine Tür. Es ist nett hier!



Welche Erwartungen hast du für diese Ausstellung?

Es wird nützlich sein für die Leute, auf mehreren Levels. Ich glaube, sie werden diesen Park für ihre Sache nutzen.

Du glaubst an die Kraft von Kunst, die Gesellschaft zu verändern?

Das ist mein Job.

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