Raiffeisen und «geschlossene Fonds»
Wie aus «kleinen» Sparern Unternehmer werden, sie Unternehmerrisiko kennenlernen, gehörig auf die Nase fallen, und wie eine Bank kräftig daran verdient. Die Rede ist von «geschlossenen Fonds» und Raiffeisen. Betroffen sind nicht risikogeile Spekulant_innen, sondern Menschen, die für ihr Alter vorsorgen wollten.Investitionen in Grund und Boden, in Immobilien oder in Schiffe scheinen auf den ersten Blick gute Investments zu sein und dazu geeignet, erspartes Geld, etwa zur Altersvorsorge, sicher anzulegen. Kann sein, muss es aber nicht. Auf jeden Fall kräftig verdienen werden die Verkäufer_innen derartiger Veranlagungen, hier konkret Raiffeisen.
Doch der Reihe nach: bis 2003 gab es in Deutschland eine Veranlagungsform mittels «geschlossener Fonds», die, mit einem Steuersparmodell kombiniert, den Anleger_innen Gewinne brachten und als brauchbare Altersvorsorge für jedermann angeboten wurden. Dann änderte sich die steuerrechtliche Situation, die Veranlagungen waren für die Anleger_innen deutlich weniger attraktiv und der Markt in Deutschland war abgegrast. Mit den vor 2003 erzielten Erfolgen im Gepäck machten sich die Initiator_innen derartiger Veranlagungsmodelle, häufig in Hamburg ansässig, auf den Weg nach Österreich und fanden hier mit Raiffeisen einen bekannten und vertrauenserweckenden Vertriebspartner. Die «geschlossenen Fonds» warben mit jährlichen Ausschüttungen bis zu 7%.
Bereits der Begriff «Fonds« ist in diesem Zusammenhang problematisch. Denn tatsächlich kauften die Anleger_innen keine Fondsanteile, sondern wurden Unternehmensteilhaber_innen. Die Chose funktionierte so: Initiator_innen wie MPC Capital AG oder Dr. Petersen errechneten die Summe X für den Kauf einer Immobilie. Die Hälfte der Summe wurde per Bankkredit aufgebracht, die andere Hälfte via Vertriebsapparat, beispielsweise Raiffeisen, bei Investor_innen eingesammelt. War das Finanzierungsziel erreicht, wurde der Fonds geschlossen. Es liegt nahe, dass der Vertriebsagent vom Initiator pro Investor_in eine Provision kassiert. Im Grundbuch steht allerdings nicht der Investor, sondern die vom Initiator kreierte Firma, deren Teilhaber der Investor ist. Und: am Belastungsblatt im Grundbuch ist die kreditgebende Bank vermerkt. Plan bei diesen Modellen war, nach Ablauf einer vereinbarten Zeit, meistens zehn Jahre, die Immobilie mit gesteigertem Wert zu verkaufen, vorher jedoch den Bankkredit zurück zu zahlen. War die Immobilie nicht günstig vermietet oder gab es zu reparierende Schäden, ist leicht auszurechnen, dass das Konzept nicht aufgeht. Funktionieren kann das Konzept für die Kund_innen nur, wenn sich alle Variablen im Sinne der Anleger_innen erweisen.
Zu viel Vertrauen in Ihre Bankmitarbeiterin?
Die Vertriebsagenten, im konkreten Fall zwei Raiffeisenkassen in Niederösterreich, werden jetzt vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) in Musterklagen vor Gericht gebeten. Weil, so der VKI, die Beratung mangelhaft war, und wäre sie dies nicht gewesen, Investor_innen derartige Modelle gemieden hätten. Peter Kolba vom VKI: «Mit der Raiffeisenlandesbank NÖ/Wien und einigen lokalen Raiffeisenbanken hat es konstruktive Gespräche und Vergleiche gegeben, mit einigen nicht, deshalb der Rechtsweg.»
Kund_innen verloren bereits Geld, das für die Altersvorsorgen gedacht war. Und laufen Gefahr, als «Unternehmer_innen» noch Geld nachschießen zu müssen.
Da wären die in Aussicht gestellten 7% «Ertrag« pro Jahr. Was als «Verzinsung« suggeriert wurde, war tatsächlich eine Rückzahlung vom Kapital mit einem hässlichen Schönheitsfehler: Im Gesellschaftsvertrag steht, dass in für die Firma schwierigen Zeiten das bereits zurückgezahlte Kapital erneut auf den Tisch zu legen ist. Im bevorstehenden Rechtsstreit wird nun zu klären sein, wie genau dies den Beteiligten erklärt wurde. Ein weiterer Schönheitsfehler betrifft die Anlaufkosten: Bevor auch nur ein einziger Cent veranlagt wurde, liefen Kosten von rund 16% bei Immobilien und heiße 21% bei Schiffsbeteiligungen an. «Weichkosten» werden diese Summen genannt. Das Geld verschwindet natürlich nicht, sondern bleibt den Initiator_innen der Modelle. «Kreditprovisionen«? «Platzierungsgarantie»? Letzterer Punkt scheint besonders interessant, hat doch Raiffeisen munter auf einen Prospekt den Hinweis «exclusiv bei Raiffeisen» gedruckt.
Wie sich Raiffeisen auf derartige Deals einließ, erläutert eine Aussage des Leiters von Raiffeisen Private Banking Wien/NÖ, Dr. Christian Oswald, aus dem Jahr 2005: «Wir gehen das aggressiv an», und über das «Wie» Oswald weiters in der Wirtschaftszeitschrift «trend»: «Wir haben da keinen Genierer.» Den Kund_innen wird von den Banker_innen erstmal nur Wohlfühlen geboten – Oswald : «In den ersten zwei Stunden sprechen wir über alles, nur nicht über Produkte.»
Dem Argument, wer sich auf derartiges einlässt, ist selbst für eventuelle Miese verantwortlich, ist hinzuzufügen, dass es so etwas wie ein berechtigtes Vertrauen in «beratende» Bankmitarbeiter_innen gibt, die gleichzeitig Verkäufer_innen sind. Offensichtlich ein Fehler.